Landgericht Traunstein
Az.: 8 O 2468/11

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit


-Kläger-

Prozessbevollmächtigte:
RAe Rudholzner & Coll., Ludwigstraße 22 b, 83278 Traunstein, Gz.: 8/2011

gegen

Chiemgau Bauprojekt – Realisierungsgesellschaft mbH
-Beklagte-

Prozessbevollmächtigte:
RAe Tauber Kraus Mehringer, Maxplatz 5, 83278 Traunstein

wegen Zustimmung zur Löschung und Neubestellung einer Grunddienstbarkeit

erlässt das Landgericht Traunstein – 8. Zivilkammer – durch die Richterin am Landgericht Dr. Winner als Einzelrichterin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2013 folgendes

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, ihre Zustimmung zur Löschung des im Grundbuch des Amtsgerichts Traunstein für Holzhausen, Blatt 215, Flurstück Nr. 104/1 (Größe 1150 m²/Altbestand), Abteilung 2 unter laufender Nr. 5 eingetragenen Geh- und Fahrtrechts sowie Pkw- und Abstellplatzrechts zu erteilen, Zug um Zug gegen Neueintragung selbiger Grunddienstbarkeit mit verändertem Ausübungsbereich auf dem Flurstück Nr. 104/1 (Größe 1398 m²/Neubestand) der nämlichen Gemarkung, und die erforderlichen grundbuchrechtlichen Erklärungen abzugeben.

Der Ausübungsbereich des neu einzutragenen Geh- und Fahrtrechts sowie Pkw- und Abstellplatzrechts ergibt sich aus dem beigefügten Lageplan im Maßstab 1:250.000, welcher Bestandteil des Urteils ist.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 1.176,91 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.06.2011 zu bezahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00€, hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um ein Geh- und Fahrtrecht, das aufgrund einer Vereinbarung der Rechtsvorgänger im Kaufvertrag vom 29.08.1986 (Anlage B 1 und Anlage zum Protokoll vom 14.10.2011) zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstückes Flurstück Nr. 104/4, derzeit die Beklagte, zulasten von Flurstück Nr. 104/1, Schönblickstr. 1 in Holzhausen im Grundbuch des Amtsgericht Traunstein für Holzhausen, Blatt 215, Abteilung 2 unter laufender Nr. 5 eingetragen ist. Eigentümer des Grundstücks Flur Nr. 104/1, das zwischenzeitlich infolge einer Verschmelzung mit Flurstück Nr. 104/5 von 1159 m² auf 1359 m² vergrößert wurde, ist der Kläger; er begehrt die Verlegung des Geh- und Fahrtrechts innerhalt seines Grundstücks.

Der Kläger trägt vor, das Geh- und Fahrtrecht sowie der PKW-Abstellplatz seien bislang nicht durch entsprechende Baumaßnahmen in Anspruch genommen und ausgeübt worden. Die bisherige Lage des Zufahrtweges sei sowohl für den Kläger nachteilig, da dieser direkt an seinem Wohnhaus vorbeiführe und sein Grundstück in der Mitte zerschneide, als auch für den Beklagten, weil das Gelände an der Stelle, an der die Zufahrt eingerichtet werden müsse, ein sehr starkes Gefälle ausweise. Er ist daher der Ansicht, er haben Anspruch auf Verlegung des Geh- und Fahrtrechts auf der Grundlage von §§ 1023, 1020 BGB.

Ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund irgendwelcher Baukostenerstattungsansprüche stehe der Beklagten nicht zu, da überhaupt noch keine Baumaßnahme durchgeführt worden sei. Bei den Baukosten für die neue Trasse handele es sich um Ohnehin-Kosten.

Der Kläger beantragte zuletzt,
1. die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung des im Grundbuch des Amtsgerichts Traunstein für Holzhausen, Blatt 215, Flurstück Nr. 104/1 (Größe 1159 m²/Altbestand), Abteilung 2 unter laufender Nr. 5 eingetragenen Geh- und Fahrtrechts sowie Pkw- und Abstellplatzrechts zu erteilen, Zug um Zug gegen Neueintragung selbiger Grunddienstbarkeit mit verändertem Ausübungsbereich auf dem Flurstück Nr. 104/1 (Größe 1359 m²/Neubestand der nämlichen Gemarkung und die erforderlichen grundbuchrechtlichen Erklärungen abzugeben.

Der Ausübungsbereich des neu einzutragenden Geh- und Fahrtrechts sowie Pkw- und Abstellplatzrechts ergibt sich aus dem Schriftsatz vom 9.10.2013 beigefügten Lageplan im Maßstab 1:250, welcher Bestandteil des Urteils ist.

2. die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 1.176,91 € nebst Zinsen i.H.v 5%-Punkten p. a. hieraus seit dem 4.06.2011 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise beruft sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 23.152,95 Euro.

Sie ist Ansicht, eine besondere Beschwerlichkeit i.S.d. § 1023 BGB sei für den Kläger nicht gegeben. Die Nutzung des Wohnanwesens und des Grundstücksumgriffs sei in keiner Weise beeinträchtigt. Ein Durchgangsverkehr sei nicht gegeben, vielmehr werde lediglich ein Wohngrundstück erschlossen. Beeinträchtigungen während der Bebauung des herrschenden Grundstücks seien zeitlich auf wenige Wochen beschränkt und begründet keine besondere Beschwerlichkeit. Zudem seien sämtliche nachteiligen Umstände bereits zur Zeit der Dienstbarkeitsbestellung bekannt gewesen.

Überdies würde der neue Ausübungsbereich für die Beklagte zu einer erheblichen Verschlechterung führen, da die neue Fahrt mindestens doppelt so lang sei wie die bisherige, was Mehrkosten nicht nur für die Herstellung (die Ausführung der geplanten Trasse koste 15.889,26 € brutto, Bl. 84 d.A.; Anlage zum Schriftsatz vom 14.01.2013, Bl. 123 d.A.), sondern zu tragen. Auch die auf der öffentlichen Schönblickstraße zurückzulegende Wegstrecke sei erheblich länger. Weiter würde der bisher auf dem dienenden Grundstück liegende PKW-Abstellplatz zu einem erheblichen Teil auf das herrschende Grundstück verschoben und erhielte statt einer rechteckigen eine rhombenförmige Gestalt. Die Einfahrt in die geplante Garage ließe

sich nicht wie beabsichtigt ausgestalten. Schließlich sei auch mit Erschwernissen aufgrund des aus dem Waldgrundstück Flurnr. 104 führende und auf die neue Fahrt aufzutreffende Waldweges zu rechnen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme des Ortsaugenscheins, Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens samt mündlicher Anhörung des Sachverständigen und Einvernahme des Zeugen … Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. … vom 17.04.2013 sowie die Sitzungsniederschriften vom 14.10.2011, 18.09.2013 und 11.12.2013 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsprotokolle vom 14.10.2011, 18.09.2013 und 11.12.2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
I.

I. Der Kläger hat zulässigerweise Leistungsklage auf Zustimmung zur Inhaltsänderung (§§ 873, 877 BGB) dem im Grundbuch eingetragenen Geh- und Fahrtrechts erhoben.

II. Der materiell-rechtliche Anspruch des Klägers folgt aus § 1023 BGB.

1. Ausübung auf einem Teil des Grundstücks

Da der Kläger nach Verschmelzung der bisherigen Flurstück Nr. 104/5 mit Flurstück Nr. 104/1 die Verlegung des bisher bestimmten Ausübungsbereichs des Geh- und Fahrtrechts innerhalb des belasteten Grundstücks Flurstück Nr. 104/1 begehrt, findet die Vorschrift des § 1023 BGB direkte Anwendung.

2. Besondere Beschwerlichkeit der bisherigen Ausübung

Für den Verpflichteten ist die Ausübung am bisherigen Ort besonders beschwerlich, wenn sie erhebliche Nachteile und nicht nur bloße Unannehmlichkeiten mit sich bringt. Hierbei kommt es nach allgemeiner Meinung – entgegen der Ansicht des Beklagtenvertreters – nicht darauf an, ob die Nachteile von Anfang an bestanden haben oder erst nachträglich eingetreten sind (vgl. MüKo/Hoost, § 1023, Rn. 4; Staudinger/Mayer, Rn. 12, Soergel/Stürner, Rn. 3). Dies folgt nicht zuletzt auf dem Normzweck, eine wirtschaftlich sinnvolle Ausnutzung des Grundstücks zu ermöglichen (Mot. III S. 485; Prot. III S. 315).

Hier bestehen nach Auffassung des Gerichts derartige Nachteile, die über die allgemeine Beschwerlichkeit, die jeder Grunddienstbarkeit immanent ist, deutlich hinausgehen.

Das bisher vereinbarte Geh- und Fahrtrecht zerteilt nicht nur das dienende Grundstück in zwei Hälften, vielmehr ist auch die vorhandene Wohnbebauung des Klägers konkret berührt, da die Zufahrt zwischen Wohngebäude und Nebengebäude des Klägers hindurchführt, wo mit entsprechendem Durchgangsverkehr (mit einer zwischen den Gebäuden erhöhten Schallentwicklung) zu rechnen ist, dessen Intensität derzeit mangels Bebauung des herrschenden Grundstücks noch nicht absehbar ist. Die Beeinträchtigung des Klägers durch diesen Verlauf der Zufahrt hat sich – wie ein Vergleich von Anlagen K 5 und B 1 zeigt – nach Einräumung der Grunddienstbarkeit dadurch verschärft, dass 1989/1990 ein Anbau an das klägerische Wohngebäude vorgenommen wurde, so dass nunmehr die vereinbarte Zufahrt unmittelbar am Haus vorbeiführt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass eine Bebauung des herrschenden Grundstücks geplant ist, so dass – wenn auch zeitlich befristet – sämtlicher Bauverkehr zwischen den Gebäuden hindurch- und unmittelbar am Wohngebäude vorbeigeleitet werden müsste.

Zudem wäre ein Ausbau der Zufahrt in der derzeit vereinbarten Form nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. … nur zu verwirklichen, wenn erhebliche Eintiefungen bzw. Aufschüttungen auf dem Grundstück des Klägers vorgenommen würden, um die vorhandenen beiden Geländesprünge (zwischen Schönblickstraße und Hoffläche des Klägers sowie im weiteren Verlauf der Fahrt im Bereich der Böschung) zu überwinden (Gutachten S. 6; Protokoll vom 18.09.2013, S. 3; hierzu im Einzelnen unter Ziff. 3). Dies würde aber nicht nur zu einer deutlichen optischen Veränderung des klägerischen Grundstücks, sondern u.U. auch zu einer Beeinträchtigung der Nutzbarkeit seiner Garage, also zu einem Eingriff in den geschützten Bestand seines Eigentums führen. Im Hinblick auf diesen Nachteil lässt sich insbesondere nicht einwenden, dass es sich um einen dem Kläger bzw. dessen Rechtsvorgänger bei Bestellung der Grunddienstbarkeit bekannten und damit unbeachtlichen Nachteil handelt; vielmehr kommt es nach den eingangs gemachten Ausführungen für den Anspruch aus § 1023 BGB nicht darauf an, ob die Nachteile schon anfänglich bestanden oder erst nachträglich eingetreten sind.

3. Ebenso geeignete andere Stelle

Die neue Ausübungsstelle muss wirtschaftlich gleichwertig sein und dem Berechtigten im Wesentlichen die gleichen Vorteile und Annehmlichkeiten bieten. Dagegen muss der Berechtigte geringfügig Unbequemlichkeiten, etwa einen kleineren Umweg, in Kauf nehmen (MüKo, aaO, Rn. 5 m.w.N.).

Das Gericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere der sachverständigen Bewertung des Sachverständigen Prof. …, davon überzeugt, dass der beantragte neue Ausübungsbereich des Geh- und Fahrtrechts ebenso geeignet ist.

Die neue am Rand des dienenden Grundstücks gelegene Zufahrt weist insgesamt ein sehr viel geringeres Gefälle auf. Während das derzeit beurkundete Geh- und Fahrtrecht bei einem dem Gelände möglichst angepassten Verlauf im Bereich der Böschung eine Längsneigung von 41 % aufweisen würde (Anlage 10 des Sachverständigengutachtens), hätte ein geländeangepasster Verlauf der neuen Trasse nur eine Längsneigung von 18 % (Anlage 12 des Gutachtens). Geht man davon aus, dass gemäß Ziffer 4.2.4 Neigungen in DIN 14090 Zufahrten zu Grundstücken aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bis zu maximal 10% geneigt sein dürfen, könnte dies nach den Ausführungen des Sachverständigen bei der neuen Trasse durch eine Eintiefung bzw. Aufschüttung des Geländes von 1,82 m am Anfang bzw. Ende der Fahrt erreicht werden (GA S.9), während dies auf der Fläche des bestehenden Geh- und Fahrtrechts nach der Einschätzung des Sachverständigen mit vertretbarem technischen und wirtschaftlichen Aufwand nicht möglich ist (FA S. 7). Vielmehr würde schon die Herstellung einer Längsneigung von 15% (die unter sicherheitsrechtlichen Gesichtspunkten ohnehin noch zu hoch wäre) erhebliche Abgrabungen von maximal 2,23 m voraussetzen, die eine Absicherung des Wohngebäudes mit Stützmauern erfordern und die Zufahrt des Klägers zu seiner Garage erheblich einschränken bzw. unmöglich machen würde (GA S. 6). Darüber hinaus ist die Ausübung des bestehenden Geh- und Fahrtrechts mit einem großen LKW wegen der vorhandenen Verengung im Bereich der nordöstlichen Ecke des Wohngebäudes nicht möglich, zudem ist die vorhandene Fläche nach Ziffer 4.2.1 der DIN Vorschrift 14090 bei einem Feuerwehreinsatz nicht ausreichend (GA S. 5). Bei der neuen Trasse ist hingegen nunmehr auch die Einfahrt von der Schönblickstraße so gestaltet, dass auch größere (dreiachsige) Fahrzeuge die Kurve passieren können.

Aus den vorstehenden Ausführungen ist ersichtlich, dass der Verlauf der neuen Trasse nicht nur wirtschaftlich gleichwertig, sondern tatsächlich unter den genannten Gesichtspunkten höherwertig ist, insbesondere sich eine ordnungsgemäße Erschließung und die geplante Bebauung des herrschenden Grundstücks letztlich nur über die neue Trasse verwirklichen lässt, da große LKW oder Baufahrzeuge die bisher vorgesehene Zufahrt wegen der vorhandenen Engstelle und der erheblichen Längsneigung nicht befahren können. Weiter ist nach den Ausführungen des Sachverständigen offenkundig, dass sich einzig die neue Trasse baulich mit technisch und wirtschaftlich vertretbarem Aufwand verwirklichen lässt (GA S. 7), während sich der Ausbau der bisher vorgesehenen Trasse nur unter Eingriff in den Bestand des Eigentums des Klägers durch Geländeeintiefungen (die die Nutzung der Garage erheblich einschränken bzw. ganz ausschließen würde) oder erhebliche Aufschüttungen (die die im Schriftsatz vom 28.05.2013 vorgeschlagene Garagenlösung nebst Eintiefungen im Hofraum erfordern würde, Protokoll vom 18.9.2013, S. 3) umsetzen lässt, weshalb auch eine Anpassung des bestehenden Geh- und Fahrtrechts (vgl. Schriftsatz vom 28.05.2013) ausscheidet. Abgesehen davon sind die hierfür ursächlichen örtlichen Gegebenheiten, nämlich die beiden Geländesprünge, seit der Bestellung der Dienstbarkeit unverändert, eine Anpassung kommt aber nur bei nachträglicher Veränderung der bei Vertragsausschluss gegebenen Verhältnisse in Betracht.

Aufgrund der Aussage des Zeugen … (Protokoll von 11.12.2013) ist auch davon auszugehen, dass die neue Trasse von Seiten der Gemeinde Bergen genehmigt würde, eine entsprechende Absicht wurde anlässlich der Gemeinderatssitzung vom 21.11.2013 ausdrücklich erklärt (vgl. Anlage zum Protokoll vom 11.12.2013). Soweit beklagtenseits hier auf etwaige baugenehmigungsrechtliche Unsicherheiten verwiesen wird, ist im Hinblick auf den hier anzuwendenden Maßstab der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit darauf hinzuweisen, dass diese Unsicherheiten einer baulichen Umsetzung der alten Trasse erst recht entgegenstünden.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Berechtigten auch bisher kein ausgebauter Zufahrtsweg zur Verfügung stand, die Ausübung des beurkundeten Geh- und Fahrtrechts vielmehr einen Abtrag der Stützmauer zwischen der höher gelegenen Schönblickstraße und dem Niveau der Hoffläche erfordert hätte (GA S. 5), was tatsächlich nicht erfolgt ist. Die Beklagte kann somit nicht einwenden, die neue Trasse sei schon deshalb wirtschaftlich nachteilig, weil diese im Gegensatz zur alten erst ausgebaut werden müsse. Vielmehr ist die als Alternativtrasse beantragte Wegführung nach dem beklagtenseits unbestrittenen Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 24.04.2012 bereits befestigt. Auch Mehrkosten durch die neue Trassenführung lassen sich gegenwärtig nicht feststellen (Protokoll vom 18.09.2013, S. 4), vielmehr ist nach den Ausführungen des Sachverständigen jedenfalls der technische Aufwand zur Umsetzung des bisherigen Geh- und Fahrtrechts im Vergleich zum neuen Verlauf deutlich höher.

Auch die übrigen, von der Beklagten eingewandten Nachteile erweisen sich im Ergebnis als nicht stichhaltig: Wie aus der dem Urteil beigefügten Anlage ersichtlich ist, hat der PKW-Abstellplatz nach wie vor eine rechteckige und nicht etwa rhombenförmige Form; eine Verschiebung aus das herrschende Grundstück findet ersichtlich ebenfalls nicht statt. Soweit eine Erschwernis aufgrund eines auf die neue Fahrt auftreffende Waldweges behauptet wurde, wurde die Existenz einer solchen Zufahrt klägerseits bestritten (Schriftsatz vom 16.08.2011) und beklagtenseits nicht unter Beweis gestellt. Auch die behauptete Erschwerung der Garagenzufahrt wurde nicht substantiiert unter Vorlage geeigneter Pläne dargestellt; im Übrigen weist die Klagepartei zurecht darauf hin, dass die Errichtung einer Garage auf der Fläche des PKW-Abstellplatzes unzulässig sein dürfte, da das beurkundete Geh- und Fahrtrecht einen Abstellplatz und gerade keine bauliche Anlage in Form einer Garage vorsieht.

Der beklagtenseits eingewandte längere Fahrweg sowohl auf der öffentlichen Schönblickstraße als auch auf der eigentlichen Zufahrtsstraße ist als kleinere Unannehmlichkeit demgegenüber hinzunehmen. Gleiches gilt für die möglicherweise etwas höheren Unterhaltungskosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung angesichts der oben dargelegten Vorteile hinsichtlich Erschließung und Bebaubarkeit des herrschenden Grundstücks im Falle der Verlegung des Geh- und Fahrtrechts im Rahmen einer Abwägung (BGH WM 1963, 483) in den Hintergrund treten.

4. Kein Zurückbehaltungsrecht

a) Ein Zurückhaltungsrecht unter Berufung auf die Kosten der Verlegung kann die Beklagte dem klägerischen Anspruch nicht entgegenhalten, da der Beklagte kein fälliger, sondern allenfalls ein künftiger Gegenanspruch hinsichtlich der Verlegungskosten zusteht. Zwar wäre es für die Bejahung eines Zurückbehaltungsrechts ausreichend, wenn der Gegenanspruch mit Erbringung der geschuldeten Leistung entsteht und fällig wird (vgl. Palandt, § 273, Rn. 7 m.w.N.); auch dies ist hier allerdings nicht der Fall, da die behaupteten Verlegungskosten in Höhe von 23.152,95 Euro, auf die die Beklagte ihr Zurückhaltungsrecht stütz, nicht bereits mit der begehrten Zustimmung zur beantragten Verlegung entstehen, sondern vielmehr erst im Falle eines möglichen, aber keineswegs zwingend durchzuführenden künftigen Ausbaus der Zufahrtsstraße.

b) Abgesehen davon wäre die geltend gemachten Kosten auch nicht vom Kläger zu tragen.

Die Kosten der Verlegung i.S.d. § 1023 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB umfassen alle Aufwendungen, die dem Berechtigten durch die Einstellung der Nutzung an der bisherigen Stelle und durch etwa erforderliche Einrichtungen zur Ausübung des Rechts an der neuen Stelle erwachsen (Beck-OK, § 1023, Rn. 10).

Im bisherigen Ausübungsbereich wurde eine befestigte Zufahrt und ein Pkw-Abstellplatz bis heute nicht angelegt; dies würde ausweislich der Anlage K 8 und der als Anlage K 1 vorgelegten Lichtbilder eine teilweise Entfernung der entlang der Schönblickstraße errichteten Natursteinmauer und des darauf befindlichen Zaunes (Lichtbild 1 und 3 von Anlage K 1) sowie eine Weiterführung der Zufahrt entlang des Hauses mit dem dort anzutreffenden erheblichen Gefälle erfordern, was tatsächlich niemals baulich umgesetzt wurde. Die Einstellung der Nutzung an der bisherigen Stelle verursacht damit keine Kosten.

Auch die Kosten der erstmaligen Einrichtung des Geh- und Fahrtrechts an der neuen Stelle treffen hier im Ergebnis nicht den Kläger, sondern den Berechtigten, also die Beklagte, da diese Kosten nicht infolge der Verlegung anfallen, sondern ohnehin beim erstmaligen Ausbau der Zufahrt (an welcher Stelle auch immer) angefallen wären. Insoweit sieht der zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien geschlossene Vertrag gerade keine Regelung vor, wonach die Ausübung des Geh- und Fahrtrechts durch Baumaßnahmen auf die Kosten der Klagepartei zu ermöglichen ist; somit sind die Kosten von Ausbaumaßahmen, die im ausschließlichen Interesse des Berechtigten erfolgen, auch von diesem selbst zu tragen.

Ein Widerspruch zu der beklagtenseits zitierten Rechtsprechung, wonach zu den Kosten der Verlegung auch die Kosten für die Herstellung einer anderen Einrichtung gehören, welche aufgrund der Verlegung notwendig sind (BGH WM 1976,274), liegt hierin nicht. Denn wie bereits ausgeführt fallen Herstellungskosten hier nicht aufgrund der Verlegung, sondern vielmehr deshalb an, weil eine Zufahrt erstmals hergestellt werden muss.

Eine Kostenlast des Klägers käme somit allenfalls für etwaige Mehrkosten in Betracht, die eine Herstellung der Zufahrt an der neuen Stelle verursachen könnte; jedoch wurde beklagtenseits nicht konkret vorgetragen bzw. beziffert, dass und in welcher Höhe die Einrichtung der Zufahrt an der neuen Stelle Mehrkosten im Vergleich zur Einrichtung an der alten Stelle verursachen würde. Zudem wurde ein derartiger Mehraufwand klägerseits bestritten.

Ein Zurückbehaltungsrecht kommt daher unter keinem Gesichtspunkt in Betracht, so dass eine uneingeschränkte Verurteilung auszusprechen war.

III. Die Nebenforderung ist ebenfalls begründet. Die Verpflichtung zum Ersatz der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.176,91 EUR folgt aus §§ 286, 288 BGB. Verzug ist durch Ablauf der im Aufforderungsschreiben des Klägers vom 8.03.2011 gesetzten Frist bis 15.03.2011 eingetreten, so dass die Kosten der nachfolgenden anwaltlichen Tätigkeit des Klägervertreters als Verzugsschaden zu ersetzen sind. Dieser Schaden wurde mit Schreiben vom 11.05.2011 (Anlage K 7) beziffert; mit Schreiben vom 27.05.2011 (Anlage K 3) wurde eine letzte Frist zur Bezahlung bis zum 3.06.2011 gesetzt, weshalb die Forderung ab dem 4.06.2011 zu verzinsen ist.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 BGB.

gez.

Dr. Winner
Richterin am Landgericht

Verkündet am 22.01.2014

gez.
Keferstein, JOSekr
Urkundesbeamter der Geschäftsstelle

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