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Beschluss des Oberlandesgerichts München
In dem Rechtsstreit
-Kläger, Berufungsbeklagter u. Anschlussberufungskläger-
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Rudholzner & Coll., Ludwigstraße 22 b, 83278 Traunstein
gegen
K. M.
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
wegen Duldung der Zwangsvollstreckung
erlässt das Oberlandesgericht München – 5. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. S, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. G und den Richter am Oberlandesgericht G. am 11.11.2021 folgenden
Beschluss
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 04.12.2020, Aktenzeichen, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass der Beklagte gemäß Nr. 1 des Urteilstenors verurteilt ist, wegen der dort genannten vollstreckbaren Forderung des Klägers gegen C. E. aus dem dort genannten Titel die Zwangsvollstreckung zum Zwecke der Befriedigung aus dem hälftigen Teil des Versteigerungserlöses in das Grundstück des Beklagten, Sonnenstraße 58 A, 83313 Siegsdorf, Flurstücknummer 77/10, vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Traunstein von Obersiegsdorf, Blatt 781, zu dulden.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Traunstein ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 7.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
l.
Die Parteien streiten über Ansprüche nach dem AnfG.
Der Kläger erstritt ein Urteil des Landgerichts Traunstein vom 26.06.2019, rechtskräftig seit 12.12.2019, über 6.025,87 € gegen den Schuldner C.E. Dieser veräußerte durch notariellen Vertrag vom 31.07.2019 seinen hälftigen Miteigentumsanteil an dem streitgegenständlichen Grundstück an den Beklagten, den Lebensgefährten seiner Mutter. Dem Beklagten gehörte zum Zeitpunkt des Erwerbsgeschäfts bereits der andere hälftige Miteigentumsanteil an dem Grundstück. Als Gegenleistung für die Grundstücksübertragung vereinbarten der Schuldner und der Beklagte einen Kaufpreis von 70.000,00 € außerdem sollte der Beklagte im Innenverhältnis allein die in Höhe von 217.851,42 € valutierenden Grundpfandrechte bedienen.
Der Kläger, der am 02.12.2019 einen erfolglosen Zwangsvollstreckungsversuch beim Schuldner unternahm, hält die Grundstücksübertragung für anfechtbar gemäß §§ 3, 4 AnfG und begehrt die Duldung der Zwangsvollstreckung in das genannte Grundstück.
Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten zum Verfahren1. Instanz, auch hinsichtlich der gestellten Anträge, wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO auf das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 04.12.2020 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage bis auf einen Teil der Zinsen zugesprochen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anfechtungsanspruch gemäß §§ 1, 2, 4 AnfG zu. Er sei anfechtungsberechtigter Gläubiger und besitze einen vollstreckbaren Schuldtitel wegen einer fälligen Forderung. Die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners habe nicht zu einer vollständigen Befriedigung geführt. Die Übertragung des Miteigentumsanteils an dem streitgegenständlichen Grundstück auf den Beklagten führe zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung. Es sei von einem Grundstückswert von insgesamt 300.000,00 € auszugehen, die sich nicht nur aus dem klägerseits vorgelegten Kaufvertragsentwurf (Anl. K 6), sondern auch aus dem Beklagten vorgelegte Immobiliengutachten der Firma Planet Home Immobilien (Anl. Bb 6) ergebe. Von diesem Wert sei die Belastung durch die Grundschuld in Abzug zu bringen, die in Höhe von 217.851,42 € valutierte. Der Vortrag des Beklagten, der Wert des Grundstücks sei aufgrund von Sanierungskosten, unter anderem für die Hangsicherung, gemindert, sei unsubstantiiert geblieben und daher nicht zu beachten. Es bestehe auch kein Zusammenhang zwischen der Notwendigkeit von Hangabsicherungsarbeiten für die Trocknung des durchfeuchteten Kellers. Somit sei davon auszugehen, dass im Falle einer Zwangsversteigerung und nach Abzug der Verbindlichkeiten ein Erlös von ungefähr 80.000,00 € verblieben wäre, aus dem sich der Kläger hätte befriedigen können.
Die Leistung sei auch unentgeltlich im Sinne von § 4 Abs. 1 AnfG. Es liege eine gemischte Schenkung vor, sodass die Schenkungsanfechtung wegen der titulierten Forderung des Klägers zuzulassen sei. Die Gegenleistung von 70.000,00 € bleibe teilweise hinter dem veräußerten Miteigentumsanteil am Grundstück zurück. Wiederrum sei von einem Grundstückswert von 300.000 € auszugehen. Seinen ursprünglichen Vermögensanteil am Grundstück von einem Drittel habe der Schuldner durch den notariellen Vertrag vom 24.10.2014 (Anlage B 7) erweitert, als er Miteigentümer zur Hälfte geworden sei. Der Wert seines Miteigentumsanteils sei nicht dadurch geschmälert worden, dass der Schuldner und der Beklagte den Kaufpreis von 200.000 € vollständig hätten fremdfinanzieren müssen. Da der Schuldner bereits zu 1/3 Eigentümer des Anwesens gewesen sei, habe er lediglich 1/6 des Grundstückswerts erwerben müssen, um hälftiges Miteigentum zu erlangen, während der Beklagte die Hälfte des Grundstückseigentums habe Erwerben müssen. Daher bestehe im Verhältnis beider Erwerber ein Ausgleichsanspruch des Schuldners gegen den Beklagten im Hinblick auf die gegenüber der Bank zu erfüllenden Darlehensverpflichtung. Folglich sei auch nur 1/4 der Darlehenskosten abzuziehen, mithin allenfalls 55.000,00 €. Der vereinbarte Kaufpreis von 70.000,00 € bleibe demnach im Wert um 30 % hinter dem Grundstücksanteil des Schuldners zurück, sodass von einer gemischten Schenkung auszugehen sei. Der Kläger könne somit die Duldung der Zwangsvollstreckung in das streitgegenständliche Grundstück in Siegsdorf verlangen.
Der Kläger habe seinen Zinsanspruch von 0,63 € Tageszinsen nicht näher begründet; die Klage sei insoweit unschlüssig und abzuweisen.
Gegen dieses Urteil, das dem Beklagten am 07.12.2020 zugestellt worden ist, richtet sich seine Berufung, die er am 04.01.2021 eingelegt und mit am 18.01.2021 eingelegt und mit am 18.01.2021 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und führt aus, für den vorliegenden Rechtsstreit sei der Wert der Immobilie zum Übertragungszeitpunkt entscheidend. Dieser stehe und falle mit dem Wasserschaden. Das Landgericht habe eine Überraschungsentscheidung getroffen, weil es einen Hinweis unterlassen habe, dass es den bisherigen Vortrag hierzu nicht für ausreichend erachte. Der Beklagte hätte auf den gebotenen Hinweis hin dargelegt, dass der Wasserschaden nur durch eine Sanierung des hinter dem Haus liegenden Hangs beseitigt werden könne und ferner Leitungsbrüche und Undichtigkeiten an einer Abwasserleitung hinter dem Haus bestanden hätten, und hätte dafür Beweis durch (sachverständige) Zeugen angetreten. Der nun angebrachte Vortrag sei nicht verspätet, weil die erstinstanzlich unterlassene Präzisierung allein auf dem unterlassenen Hinweis beruhe. Das Landgericht habe sich mit einer Bewertung des Grundstücks durch die Firma P. Immobilien auseinandersetzt, obwohl völlig unklar sei, wie diese Bewertung überhaupt in den Rechtsstreit eingeführt worden sei. Jedenfalls gehe sie nicht auf den Wasserschaden ein. Das Landgericht sei von einem Grundstückswert von 300.000,00 € ausgegangen, ohne sich die Mühe zu machen, diesen Betrag zu verifizieren. Die zitierte Bewertung durch die Firma P. gehe von einem Grundstückswert von lediglich 280.000,00 € aus; der Grundstückswert von 300.000,00 € war der Kaufpreis, den die Erbengemeinschaft mit externen Kaufinteressenten ins Auge gefasst habe und dir nichts mit dem Wert der Immobilie zum 31.07.2019 zu tun habe. Im Vertrag über den Verkauf der Erbengemeinschaft an den Beklagten und den Schuldner sei überdies mitveräußertes Inventar in Höhe von 37.500,00 € enthalten, das bis zum 31.07.2019 verschwunden sei. Das Landgericht habe zutreffend ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob und ggf. wann der vereinbarte Kaufpreis bezahlt oder verrechnet worden sei. Der Beklagte habe außerdem den Schuldner von allen Schulden aus der Finanzierung freigestellt. Selbst unter der Prämisse des Landgerichts, dass der Schuldner im Innenverhältnis nur 1/4 der Verbindlichkeiten zu tragen habe, habe die Freistellung im Hinblick auf die Valutierung der Grundschuld einen Wert von 54.462,86 €, so dass die gesamte Gegenleistung des Beklagten 124. 462,86 € betrage. Ausgehend von dem zugestandenen Wert der Immobilie von 262.500,00 € und den abzuziehenden Sanierungskosten liege auf der Hand, dass weder eine Schenkung noch eine objektive Gläubigerbenachteiligung vorlegen hätten.
Im Berufungsverfahren beantragt der Beklagte:
Das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 04.12.2020 wird dahingehend abgeändert, dass die Klage vollumfänglich abgewiesen wird.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt aus, es handele sich nicht um eine Überraschungsentscheidung. Das Erstgericht habe keine Hinweise unterlassen. Der Beklagte habe die Bewertung des Grundstücks mit 300.000,00 € selbst akzeptiert. Der in der Berufungsinstanz angebrachte Vortrag zu angeblichen Abzugsposten für Schaden sei verspätet, denn die Belege B 10 und B 11 hätte der Beklagte auch in der ersten Instanz vorlegen und seinen Vortrag entsprechend substantiieren können. An einem substantiierten Vortrag fehle es auch jetzt noch, da die teilweise unleserlichen Belege diesen nicht ersetzen könnten. Die Beklagtenseite habe bislang insbesondere nicht vorgetragen, wann die behaupteten Schäden entstanden sein. Auch sei nicht erkennbar, dass sie Einfluss auf die Wertberechnung haben könnten. Er, der Kläger, habe hingegen bereits vor dem Landgericht vorgetragen, dass der Kaufpreis in dem von dem Beklagten verhinderten freihändigen Verkauf marktüblich und richtig gewesen sei. Widersprüchlich sei auch die Behauptung, der Beklagte wisse nicht, wer die Anl. B 6 vorgelegt habe, denn diese habe schließlich seine (erste) Prozessbevollmächtigte vorgelegt und dazu vorgetragen. Es sei bezeichnend für die Sorgfalt der Prozessführung durch den Beklagten, dass dessen aktueller Prozessbevollmächtigte eine andere Urkunde ebenfalls mit Anl. B 6 bezeichne. Das mitverkaufte Inventar, das tatsächlich völlig wertlos gewesen sei, sei allein deshalb mit 37.500,00 € ausgewiesen worden, um Erwerbsnebenkosten zu sparen. Dies sei auch dem Beklagten bewusst, wie sich aus einem Rechtsstreit zu dem Inventar ergebe, der vor dem Landgericht anhängig sei. Die angefochtene Rechtshandlung sei objektiv gläubigerbenachteiligend und teilunentgeltlich.
Im Wege der Anschlussberufung wendet sich der Beklagte gegen die Abweisung eines Teils seiner Zinsansprüche. Das Landgericht habe verkannt, dass die Zinsen bereits durch das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 26.06.2019 tituliert seien. Überdies habe der Beklagte die Zinsforderung nicht bestritten. Daher sei der Kläger davon ausgegangen, dass es keiner gesonderten Begründung bedürfe. Hätte das Landgericht den insoweit veranlassten Hinweis gegeben, so hätte er entsprechend vorgetragen.
Der Kläger beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, wegen der vollstreckbaren Forderung des Klägers in Höhe von 6.025,87 EUR zuzüglich 0,633 EUR Tageszinsen ab dem 10.03.2020 aufgrund des Urteils des Landgerichts Traunstein, Az. vom 26.06.2019 gegen C. E., die Zwangsvollstreckung in das Grundstück Blatt, Flurstück Nr., eingetragen im Grundbuch von, zu dulden.
Hilfsweise:
Der Beklagte wird verurteilt, wegen der vollstreckbaren Forderung des Klägers in Höhe von 6.025,87 EUR zuzüglich Zinsen iHv. 5,0 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. aus EUR 5.615,42 seit dem 10.03.2020 aufgrund des Urteils des Landgericht Traunstein, Az. vom 26.06.2019 gegen C. E., die Zwangsvollstreckung in das Grundstück, Blatt , Flurtsück Nr., eingetragen im Grundbuch von zu dulden.
Der Senat hat mit Beschluss vom 07.10.2021 auf seine Absicht hingewiesen, die offensichtlich unbegründete Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und dabei klarstellend auszusprechen, dass dem Kläger der Vollstreckungszugriff (nur) auf den hälftigen Versteigerungserlös zusteht. Der Kläger erklärt sich mit dieser Maßgabe einverstanden. Er meint, ihm seien die mit der Anschlussberufung verfolgen Zinsen auch im Falle einer Berufungsrücknahme zuzusprechen, weil der Beklagte diesen Anspruch nicht bestreite.
Der Beklagte ist dem Hinweis des Senats entgegengetreten und führt mit Schriftsatz vom 05.11.2021 aus, der Senat verkenne, dass die Übertragung nicht gläubigerbenachteiligend sei. Denn ein Gläubiger könne wegen der vorrangig eingetragenen Grundschulden und der hohen Sanierungskosten im Wege der Zwangsvollstreckung keine Befriedigung erlangen. Der Beklagte habe nicht mit Benachteiligungsabsicht gehandelt, hiergegen spreche schon die geringe Forderungshöhe des Klägers. Auch die seit 1999 titulierte Forderung des Beklagten gegen den Schuldner sei ein Argument gegen, nicht für einen Benachteiligungsvorsatz des Beklagten. Der Beklagte hätte sich aus dem Titel viel einfacher befriedigen können als durch das Übertragungsgeschäft mit anschließender Verrechnung. Ein solches Vorgehen hätte auch keine Möglichkeit der Anfechtung eröffnet. Ferner sei zu sehen, dass der Beklagte bereits lange vor dem Anfechtungszeitpunkt allein die Kreditverbindlichkeiten bedient und so einen Ausgleichsanspruch gegen den Schuldner erlangt habe. Schließlich seien die Grundschulden und der Sanierungsbedarf einzubeziehen. Der Kaufvertrag stehe mit dem hohen Sanierungsbedarf des Grundstücks im Zusammenhang. Setze man alle Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb ins Verhältnis zum Grundstückswert, ergebe sich kein Missverhältnisses. Daher könne auch nicht auf eine Benachteiligungsabsicht geschlossen werden. Der Schuldner und der Beklagte hätten letztlich einen ganz normalen Kaufvertrag geschlossen, der die besonderen Umstände des Falles berücksichtige, nämlich, dass der Schuldner einerseits nicht in der Lage gewesen sei, sich an den Sanierungskosten entsprechend der Höhe seines Miteigentumsanteils zu beteiligen, andererseits der Beklagte nicht willens gewesen sei, für die Sanierungskosten alleine aufzukommen. Mit der Forderung des Klägers gegen den Schuldner habe der Kaufvertrag nicht zu tun, wie bereits erstinstanzlich vorgetragen und unter Beweis gestellt worden sei.
Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass keine unentgeltliche Leistung nach dem Anfechtungsgesetz vorliege. Wegen des hohen und zu diesem Zeitpunkt noch unüberschaubaren Sanierungsaufwandes sei der Beklagte mit der Übernahme des Miteigentumsanteils ein erhebliches wirtschaftliches Risiko eingegangen. Überdies habe er alle Verbindlichkeiten übernommen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf das Ersturteil, den zitierten Hinweisbeschluss des Senats sowie die Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
ll.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 04.12.2020, Aktenzeichen ist, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgehenden Hinweis des Senats Bezug genommen, die hiergegen gerichteten Einwände des Beklagten greifen nicht durch. Das Übertragungsgeschäft vom 31.07.2019 (vgl. Anl. K 4) unterliegt der Gläubigeranfechtung gemäß §§ 1 Abs. 1, 2, 3 Abs. 1 AnfG.
1.
Der Kläger ist Titelgläubiger des Endurteils des Landgerichts Traunstein vom 26.06.2019 (Anl. K 1). Die Erfolglosigkeit eines Zwangsvollstreckungsversuchs ist durch das Vermögensverzeichnis vom 28.10.2019 (Anl. K 3) dokumentiert; es ist auch nicht damit zu rechnen, dass weitere Vollstreckungsversuche erfolgreich verlaufen werden (vgl. Unfehlbarkeitsbescheinigung, Anl. K 2).
2.
In der Mitwirkung des Schuldners am Übertragungsgeschäft vom 31.07.2019 liegt eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung vorgenommen hat (§ 3 Abs. 1 S. 1 AnfG).
3.
Dieses Übertragungsgeschäft hat objektiv die Gläubiger des Schuldners, insbesondere den Kläger benachteiligt (vgl. Hinweisbeschluss v. 07.10.2021, unter 1. a). Soweit der Beklagte nun einwendet, ein Gläubiger könne wegen der vorrangig eingetragenen Grundschulden und der hohen Sanierungskosten im Wege der Zwangsvollstreckung keine Befriedigung erlange, trifft dies nicht zu. Denn von einem etwaigen Versteigerungserlös sind nicht vorab irgendwelche Sanierungskosten zu bedienen; vielmehr steht es dem Erwerber frei, das Anwesen zu sanieren oder abzureißen. Dagegen hat der Beklagte nicht bestritten, dass der Wert des Grundstücks höher ist als die valutierten Grundschulden.
4.
Unerheblich ist der Vortrag des Beklagten, er habe nicht mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt. Wie hingewiesen kommt es allein darauf an, dass der Schuldner mit dem Vorsatz gehandelt hat, seine Gläubiger zu benachteiligen und der Anfechtungsgegner, der Beklagte dies erkannt hat. Wie hingewiesen reicht es für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners aus, dass der Schuldner den Ausfall weiterer Gläubiger für möglich hält und sich trotz dieser Kenntnis nicht von seinem Handeln abhalten lässt. Den objektiven Beweisanzeichen, aus denen der Senat wie hingewiesen auf die innere Tatsache eines Benachteiligungsvorsatzes schließt, tritt der Beklagte nicht entgegen.
Die Kenntnis des Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners wird gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 AnfG vermutet, da er von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und der objektiven Gläubigerbenachteiligung der Handlung gewusst hat. Auch in seiner Stellungnahme vom 05.11.2021 bestreitet der Beklagte weder, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zum Zeitpunkt der Vornahme des angefochtenen Rechtsgeschäfts wenigstens gedroht habe, noch dass der übertragene Miteigentumsanteil der letzte werthaltige Vermögensgegenstand des Schuldners gewesen ist. Wie hingewiesen, sind dies die maßgeblichen Indizien für eine Kenntnis des Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners.
5.
Der Beklagte hat dem Kläger gemäß § 11 Abs. 1 AnfG den erlangten Miteigentumsanteil an dem Grundstück zur Verfügung zu stellen. Der Kläger kann dabei auch ohne vorherige Pfändung und Überweisung der Ansprüche auf Aufhebung der Gemeinschaft sowie auf Teilung und Auskehrung des Erlöses die Duldung der Zwangsversteigerung des ganzen Grundstücks verlangen, allerdings nur zwecks Befriedigung aus dem Teil des Versteigerungserlöses, der dem Schuldner ohne die anfechtbare Rechtshandlung zugestanden hätte, hier also des hälftigen Anteils (vgl. dazu Huber AnfG, 12. Aufl. 2021, AnfG § 11 Rn. 23).
Wie hingewiesen ist im Tenor klarzustellen, dass sich der Kläger nur aus der Hälfte des Versteigerungserlöses befriedigen darf. Dies ändert aber nichts daran, dass die Berufung insgesamt erfolglos bleibt, weil auch in dieser Konstellation eine vollständige Befriedigung des Klägers zu erwarten ist.
6.
Im Falle der Berufungszurückweisung durch Beschluss verliert die Anschlussberufung des Beklagten ihre Wirkung, § 524 Abs. 4 ZPO. Dem Senat ist daher trotz einem etwaigen Anerkenntnis des Beklagten verwehrt, dem Kläger ein höheren Zins zuzusprechen.
7.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Der Streitwert für das berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.
gez.
Vorsitzender Richter Richterin Richter
Am Oberlandesgericht des Oberlandesgericht des Oberlandesgericht
Urteil des Landgerichts Traunstein
In dem Rechtsstreit
-Kläger-
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Rudholzner &Coll., Ludwigstraße 22 b 83278 Traunstein, Gz.:
gegen
K. M. –Beklagter-
Prozessbevolmächtigte:
Rechtsanwälte
wegen Duldung der Zwangsvollstreckung
erlässt das Landgericht Traunstein -6. Zivilkammer- durch den Richter am Landgericht Dr. als Einzelrichter am 04.12.2020 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2020 folgendes
Endurteil
1. Der Beklagte wird geteilt, wegen der vollstreckbaren Forderung des Klägers in Höhe von 6.025,87 € aufgrund des Urteils des Landgerichts Traunstein, Aktenzeichen: vom 26.06.2019 gegen C.E., die Zwangsvollstreckung in das Grundstück eingetragen im Grundbuch von, zu dulden.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in H öhe von 8.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 6.025,87 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anfechtungsanspruch.
Der Kläger ist. Der Beklagte ist der Steifvater des Schuldners, eines ehemaligen Mandanten des Klägers. In dem vor dem Landgericht Traunstein unter dem Aktenzeichen 6 O 2732/18 geführten Rechtsstreit erstritt der Kläger ein auf Zahlung von insgesamt 6.025,87 € gerichtetes Urteil vom 26.06.2019, einschließlich Zinsen und Kosten. Der Schuldner legte gegen dieses Urteil am 24.07.2019 Berufung ein, die er am 21.10.2019 zurücknahm. Das Urteil ist seit dem 12.12.2019 rechtskräftig. Ein 02.12.2019 durchgeführte Zwangsvollstreckung Versuch des Klägers blieb erfolglos. Am 31.07.2019 veräußerte der Schuldner durch notariellen Vertrag seinen Miteigentumsanteil an dem m Tenor bezeichnete Grundstück, an den Beklagten. Als Kaufpreis vereinbarten der Beklagte und der Schuldner einen Betrag von 70.000 €. Auf dem Grundstück lasten vollvalutierte Grundschulden in Höhe von 217.851,42 €.
In einer am 27.12.2019 abgegebenen Drittschuldnererklärung erklärte der Beklagte gegenüber dem Kläger sinngemäß, dass er gegenüber dem Schuldner, keine Schulden mehr haben.
Der Beklagte und der Schuldner hatten das streitgegenständliche Grundstück durch notariellen Vertrag vom 24.10.2017 von der Erbengemeinschaft nach dem am 14.12.2016 verstorbenen G.E, deren Mitglied der Schuldner C.E. mit einem Erbanteil von einem Drittel war, zu einem Kaufpreis von 200.000,00 € zu gleichen Teilen erworben. Unter dem 28.10.2019 gab der Schuldner ein Vermögensverzeichnis ab.
Mit Schreiben vom 02.03.2020 kündigte der Kläger gegenüber dem Beklagten Anfechtungsanspruch an. Der Beklagte lehnte eine Zahlung ab.
Der Kläger behauptet, es liege eine Grundstücksschenkung vor, die ein anfechtbares Rechtsgeschäft darstelle, da sie in der Absicht erfolgt sei, die Gläubiger des Schuldners zu benachteiligen.
Es handele sich um ein jedenfalls teilweise unentgeltliches Rechtsgeschäft, da der Wert des verkauften Miteigentumsanteils und der dafür vereinbarte Kaufpreis nicht kongruent seien. Soweit der Beklagte behauptet, dass Wasserschäden am Gebäude vorhanden seien, seien diese Mängel bei der Wertemitteilung bereits berücksichtigt. Der Kläger trägt vor, dass die Kaufpreisforderung des Schuldners gegen den Beklagten nicht erloschen und daher die Drittschuldnererklärung des Beklagten vom 27.12.2019 unrichtig sei. Die Beklagtenseite behaupteten Gegenforderungen seien substantiiert. Etwaige Zinsansprüche des Beklagten aus einem angeblich gegen den Schuldner bestehenden Vollstreckungsbescheid seien verjährt. Der Kläger sei so zu stellen, als ob der Beklagte das Grundstück in das Vermögen des Schuldners zurückgewährt hätte und dem entsprechend der Kläger sich im Wege der Zwangsvollstreckung in dieses Grundstück befriedigen kann.
Der Kläger beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, wegen der vollstreckbaren Forderung des Klägers in Höhe von 6.025,87 € zuzüglich 0,63 € Tageszinsen ab dem 10.03.2020 aufgrund des Urteils des Landgerichts Traunstein, Aktenzeichen vom 26.06.2019 gegen C.E., die Zwangsvollstreckung in das Grundstück, Blatt, Flurstück Nummer, eingetragen im Grundbuch von zu dulden.
Der Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
Der Beklagte behauptet, das durch notariellen Vertrag vom 31.07.2019 zu Alleineigentum erworbene Anwesen sei aufgrund eines Wasserschadens im Keller erheblich im Wert gemindert. Die Lage des Grundstücks an einem stark geneigten Hang lasse befürchten, dass der ganze Hang abrutsche und das Nachbarshaus beschädigt oder zerstört werde. Die Lage des streitgegenständlichen Grundstücks habe eine Durchfeuchtung der Kelleraußenwand verursacht. Sie sei völlig verschimmelt. Eine Sanierung des streitgegenständlichen Grundstücks koste 300.000,00 €. Allein die Hangsicherung ohne Setzung einer Drainage verursache Kosten von ungefähr 180.000,00 €. Aufgrund der Gebäudeschäden und der grundschuldmäßigen Belastung liege eine unentgeltliche Rechtshandlung nicht vor. Der Preis von 70.000 € sei angemessen. Auch eine Gläubigerbenachteiligung sei zu verneinen, da aufgrund der Belastung und des Wasserschadens kein Versteigerungserlös hätte erzielt werden können. Der Beklagte trägt im Übrigen vor, der Kaufpreisanspruch des Schuldners gegen ihn sei durch Aufrechnung mit dem Anspruch aus einem Vollstreckungsbescheid erloschen.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen vollinhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet.
A.
Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Traunstein sachlich gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG zuständig, da der Wert des geltend gemachten Anfechtungsanspruchs über 5.000,00 € liegt, und örtlich gemäß §§ 12, 13 zuständig, da der Wohnsitz des Beklagten im Landgerichtsbezirk liegt.
B.
Die Klage ist in der Hauptsache begründet. Abzuweisen war sie lediglich wegen der geltend gemachten Tageszinsen seit dem 10.03.2020.
l.
Dem Kläger steht ein Anfechtungsanspruch gemäß §§ 1, 2, 4 AnfG gegen den Beklagten zu. Gemäß § 4 Abs. 1 AnfG ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, es sei denn, sie ist früher als 4 Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden.
1.
Der Kläger ist anfechtungsberechtigter Gläubiger im Sinne des § 2 AnfG. Zur Anfechtung ist nach dieser Vorschrift berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde.
Der Kläger ist vorliegend Gläubiger eines vollstreckbaren Schuldtitels aufgrund des seit 12.12.2019 rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Traunstein vom 26.06.2019. Die titulierte Forderung ist auch fällig.
2.
Auch die übrigen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AnfG sind erfüllt.
Erforderlich ist zunächst – wie bei jedem Anfechtungstatbestand – eine objektive Gläubigerbenachteiligung (Huber, AnfG, 11 Aufl. 2016 Rn. 10, AnfG § 4 Rn. 10). Die Annahme einer objektiven Gläubigerbenachteiligung verlangt neben der Weggabe eines Gegenstandes aus dem Vermögen des Schuldners die Feststellung einer besseren oder schnelleren Befriedigungsmöglichkeit ohne die angefochtene Rechtshandlung. Das ist vom Standpunkt des einzelnen Gläubigers aus zu beurteilen; es kommt nicht darauf an, ob auch andere Gläubiger durch die Rechtshandlung benachteiligt wurden. Folglich ist eine Verminderung des Schuldnervermögens in seiner Gesamtheit nicht erforderlich. Für die Gläubigerbenachteiligung genügt der (ganze oder teilweise) Wegfall oder die Erschwerung/Verzögerung/Verkürzung der Zugriffsmöglichkeit für den anfechtenden Gläubiger oder dass für einen weggebenden Vermögensgegenstand ein anderer in das Schuldnervermögen gelangt, der jedoch für die Gläubiger minder leicht oder weniger rasch verwertbar ist (Huber AnfG. 11. Aufl. § 1 Rn. 33).
Danach ist hier eine objektive Gläubigerbenachteiligung aufgrund der Übertragung des Miteigentumsanteils an dem streitgegenständlichen Grundstück in Siegsdorf an den Beklagten zu bejahen. Im Ansatz ist von einem Grundstückswert von insgesamt 300.000,00 € auszugehen. Dies ergibt sich aus dem klägerseits vorgelegten Kaufvertragsentwurf aus 2017 (Anlage K 6), in dem ein Preis von 300.000,00 € ausgewiesen war. Dieser Wertansatz wird bestätigt durch das beklagtenseits vorgelegte Immobiliengutachten der Firma P. Immobilien, in dem ein Marktwert von 280.000,00 € ermittelt wurde. (Anlage B 6). Hiervon in Abzug zu bringen ist die Belastung durch die auf dem Grundstück lastende Grundschuld in Höhe von 217.851,42 €. Dass die Grundschuld in dieser Höhe auch valutiert ist, hat der Kläger im Rechtsstreit nicht bestritten, sodass diese Belastung unstreitig geblieben ist.
Soweit der Beklagte vorträgt, der Wert des Grundstücks sei gemindert aufgrund von Sanierungskosten in Höhe von 300.000,00 €, bzw. von 180.000,00 € allein für die Hangsicherung, ist dieser Vortrag unsubstantiiert geblieben und daher unbeachtlich. Das Gericht vermag bereits nicht dem Vortrag zu folgen, soweit der Beklagte einen Ursachenzusammenhang zwischen der Hangsanierung und dem von der Firma MBS festgestellten Schaden, der eindringenden Bodenfeuchtigkeit durch die undichte Außenwand im Heizraum, zu begründen versucht (Anlage B 3). Der als Anlage B 2 vorgelegte Kostenvoranschlag der Firma Plereiter vom 28.11.2019 lässt eine Notwendigkeit der Hangsicherungsarbeiten für die Trocknung des durchfeuchteten Kellers nicht erkennen. Im Übrigen hat der Beklagte nicht dazu vorgetragen, dass der Wasserschaden im Keller des Hauses der Immobilienbewertung durch die Firma P. Immobilien nicht zugrunde lag. Das Immobiliengutachten der Firma P. Immobilien nimmt in der Rubrik „Angaben zum Objekt“ jedoch ausdrücklich Stellung zur Beschaffenheit des Wohngebäudes, d. h. zum Mauerwerk, zur Dämmung, zum Dach, zur Heizung, zu den Fenstern, zu den Sanitäranlagen und zum Bodenbelag (Anlage B 6). Insofern erschließt sich nicht, dass die feuchte Außenwand im Keller dem Immobiliengutachter R. B., der für die Beurteilung der Immobilie verantwortlich zeichnet, nicht erkennbar gewesen sein soll, obwohl im übrigen Angaben zur Heizung, zu den Fenstern und zu den Sanitäranlagen getroffen werden („neuwertig“ bzw. „modernisierungsbedürftig“ bzw. „gepflegt“). Schließlich erscheint der Vortrag des Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt unsubstantiiert, als er darauf hinauslaufen würde, dass es sich bei dem Objekt in um eine Schrottimmobilie ohne Verkehrswert handeln würde.
Somit ist davon auszugehen, dass im Falle der Zwangsversteigerung und nach Abzug der Verbindlichkeiten ein Erlös in Höhe von ungefähr 80.000,00 € verblieben wäre, aus dem sich der Kläger hätte befriedigen können. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung ist aufgrund der Äußerung des Grundstücks daher zu bejahen.
3.
Es liegt auch eine unentgeltliche Leistung des Schuldners im Sinne des § 4 Abs. 1 AnfG vor.
Eine Leistung ist unentgeltlich, wenn ein Vermögenswert des Schuldners zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass der Empfänger eine ausgleichende Gegenleistung an den Leistenden oder mit dessen Einverständnis an einen Dritten erbringt (Anfechtungsgesetz, AnfG § 4 Rn. 7-9 Rn. 7, beck-online). Als Grundsatz gilt: Maßgeblich für die Beurteilung ist der Zeitpunkt der Vornahme. Nicht entscheidend sind dabei subjektive Vorstellungen und Absichten des Schuldners und/oder des anderen Teils, auch soweit sie erklärt worden sind, sondern die objektive Wertrelation zwischen der Leistung Schuldners und der Gegenleistung des Empfängers (Huber, AnfG, 11. Aufl. 2016, AnfG § 4 Rn. 18). Es darf also nach diesen Grundsätzen keine Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt sein; bestand ein Anspruch auf angemessene Gegenleistung, so kann die Zuwendung aber nicht schon deshalb als unentgeltlich angefochten werden, weil dieser Zufluss ausgeblieben ist (Huber, AnfG, 11. Aufl. 2016, AnfG § 4 Rn. 18).
Von einer gemischten Schenkung ist die Rede, wenn der Wert der Gegenleistung hinter dem Wert der Leistung zurückbleibt. Eine solche Leistung ist in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, mit der Folge, dass die Leistung der Schenkungsanfechtung des § 4 insoweit unterliegt, als sie die Gegenleistung übersteigt und die Vertragsparteien den ihnen zustehenden Bewertungsspielraum überschritten haben. Ist eine Aufteilung nicht möglich, so ist der Hauptzweck der Leistung maßgeblich (Anfechtungsgesetz, AnfG § 4 Rn. 13 Rn. 13, beck-online).
Danach ist hier von einer gemischten Schenkung auszugehen mit der Folge, dass die Schenkungsanfechtung wegen der titulierten Forderung des Klägers zuzulassen war. Der Wert der vereinbarten Gegenleistung des Schuldners C. von 70.000 € bleibt nämlich teilweise hinter dem veräußerten Miteigentumsanteil am Grundstück zurück. Auszugehen ist wiederum von einem Grundstückswert von 300.000,00 €, wie er zum Gegenstand eines notariellen Verkaufs durch die Erbgemeinschaft an die Eheleute P. gemacht werden sollte (Anlage K 6). Von diesem Grundstückswert von 300.000,00 € stand dem Schuldner C. E. zunächst ein Anteil von einem Drittel zu aufgrund seines entsprechenden Nachlassanteils nach dem am 14.12.2016 verstorbenen Erblasser G. E. Der Anteil wird bestätigt durch den als Anlage K 5 vorgelegten Erbschein vom 21.02.2017. Seinen Vermögensanteil am Grundstück von einem Drittel hat der Schuldner C.E. erweitert durch Erwerb eines größeren Miteigentumsanteils durch notariellen Vertrag vom 24.10.2014 (Anlage B 7). Durch den Vollzug dieses Kaufvertrages wurde der Schuldner C.E. zum Miteigentümer zur Hälfte. Als Kaufpreis für die beiden anderen Miterben K. H. E. und D. R. einigten sich die Parteien dieses Kaufvertrages auf 200.000 €. Der Miteigentumsanteil des Schuldners wurde im Wert nicht dadurch geschmälert, dass die Erwerber, d. h. der Schuldner und der Beklagte, den Kaufpreis von 200.000,00 € voll fremdfinanzieren mussten. Zwar ist zwischen den Parteien des Rechtsstreits unstreitig geblieben, dass aufgrund des Grundstückserwerbs vom 24.10.2017 (Anlage B 7) aufgenommene Grundschulden voll valutiert in Höhe von 217.851,42 € auf dem Grundstück lasten. Da der Schuldner jedoch nur 1/6 des Grundstückswerts hinzu erwerben musste, um hälftiges Miteigentum zu erlangen, während der Beklagte 3/6 oder 1/2 des Grundstückseigentums erwerben musste, besteht im Verhältnis der beiden Erwerber, d. h. des Schuldners des Beklagten, ein Ausgleichsanspruch des Schuldners gegen den Beklagten in Höhe von dreiviertel der im Außenverhältnis gegenüber der finanzierenden Bank zu erfüllenden Darlehensverpflichtung. Denn die Erwerbsanteile des Schuldners und des Beklagten stehen zueinander im Verhältnis von 1 zu 3, sodass im Innenverhältnis der Beklagte auch 75 % der Finanzierung zu tragen hat. Demzufolge sind bei einem hälftigen Grundstücksanteil des Schuldners auch nur 1/4 der Darlehenskosten abzuziehen somit bei einem Grundschuldwert von 217.851,42 € 55.000 €.
Der zwischen dem Beklagten und dem Schuldner vereinbarte Kaufpreis von 70.000 € bleibt demnach im Wert um 30 % hinter dem Grundstücksanteil des Schuldners zurück, sodass von einer gemischten Schenkung auszugehen ist.
4.
Es gibt keine subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen (Huber AnfG, 11 Aufl. 2016 Rn. 11, AnfG § 4 Rn. 11).
Die Anfechtungsfrist des § 4 Abs. 1 AnfG ist eingehalten.
Um ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk im Sinne des § 4 Abs. 2 AnfG handelt es sich bei dem Grundstücksgeschäft nicht.
5.
Als Rechtsfolge hat der Beklagte somit gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG dem Gläubiger – hier dem Kläger- zur Verfügung zu stellen, was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde.
Bei anfechtbarer Grundstücksveräußerung geht der Anfechtungsanspruch nicht auf Rückübertragung des Eigentums auf den Schuldner oder Übertragung auf den Gläubiger, auch nicht auf Bestellung eines dinglichen Rechts an dem Grundstück, sondern nur auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück (Huber AnfG § 11 Rn. 19).
Danach konnte der Kläger hier Duldung der Zwangsvollstreckung in das streitgegenständliche Grundstück in verlangen.
ll.
Soweit der Kläger Tageszinsen aus dem ausgeurteilten Betrag in Höhe von 0,63 € begehrte, war er mit diesem Anspruch abzuweisen. Er hat seinen Zinsanspruch nicht näher begründet, sodass er unschlüssig geblieben ist.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nummer 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem
Landgericht Traunstein
Herzog-Otto-Str. 1
83278 Traunstein
einzulegen.
Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstellte des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.
Rechtsbehelfe können auch als elektronisches Dokument eingereicht werden. Eine einfache E-Mail genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.
Das elektronische Dokument muss
- mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder
- von der verantwortenden Peron signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.
Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf wie folgt übermittelt werden:
- auf einem sicheren Übermittlungsweg oder
- an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Gerichts.
Wegen der sicheren Übermittlungswege wird auf § 130a Absatz 4 der Zivilprozessordnung verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten wird auf die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung-ERVV) in der jeweils geltenden Fassung sowie auf die Internetseite www.justiz.de verwiesen.
Verkündet am 04.12.2020
gez.
JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Landgericht Traunstein
Az.: 5 O 731/14
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
-Kläger-
Prozessbevollmächtigte:
RAe Rudholzner & Coll., Ludwigstr. 22 b, 83278 Traunstein, Gz.: 130/2013
gegen
Bayerische Vermögen AG, vertreten durch d. Vorstandsmitglieder Gottfried Urban, Alexander Gröbner, Vermögensbetreuung für private Kunden Aktiengesellschaft, Gewerbeparkkaserne 5, 83278 Traunstein
-Beklagte-
Prozessbevollmächtigte:
RAe…., 83336 München, Gz.: 160/14
wegen Forderung
erlässt das Landgericht Traunstein – 5.Zivilkammer – durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht … als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2017 folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übertragung der 365 Stück Fondsanteile Morgan Stanley P 2 Value, Wertpapiernummer WKNAOF668, an den Kläger 7.246,76 € nebst 4% Zinsen vom 30.04.2010 aus 7.805,21 € bis 26.02.2014 und in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz hieraus seit 26.02.2014 bis zum 31.12.2015 und aus 7.246,76 € seit dem 01.01.2016 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteil, Zug um Zug gegen Übertragung der 257,764 Stück Fondsanteile DEGI EUROPA Fondsbeteiligung, in Höhe von 9.445,59 € nebst 4% Zinsen seit 30.04.2010 und aus 11.109,79 € bis 26.02.2014, in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 11.109,79 € seit 26.02.2014 bis zum 31.12.2015 und aus 9.445,59 € seit 01.01.2016 zu bezahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.237,76 € nebst 4% Zinsen und aus 14.974,82 € seit dem 30.04.2010 bis 26.02.2014, in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.02.2014 bis zum 30.08.2016 und aus 8.237,76 € seit dem 31.08.2016 zu bezahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übertragung der 265 Stück AXA Immoselect Anteil Wertpapierkennnummer 984645, an den Kläger in Höhe von 7.305,32 € nebst 4% Zinsen aus 9.809,57 € vom 30.04.2010 bis 26.02.2014 und in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz bis 23.04.2015 und aus 8.537,00 € vom 24.04.2015 bis 31.12.2015, aus 7.305,32 € seit dem 01.01.2016 zu bezahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.706,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 18.01.2014 zu bezahlen.
6. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Wertpapiere gemäß Klageantrag 1, 2 und 4 seit dem 24.12.2013 in Annahmeverzug befindet.
7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
8. Der Kläger hat 25 %, die Beklagte hat 75 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
9. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 5 des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 58.606,93 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz aus Vermögensanlagen.
Der Kläger war seit 2009 Kunde der Beklagten. Die Parteien schlossen einen honorierten Vermögensberatungsvertrag.
Der Kläger hat durch den Verkauf seines Hofes insgesamt rund 700.000 € zur Verfügung gehabt, wovon er zunächst 400.000 € auf ein Konto bei der Augsburger Aktien Bank überwiesen hat um Geldanlagen zu tätigen (Anlage B 2).
Am 25.05.2009 unterzeichneten der Kläger und der Berater der Beklagten Anlagerichtlinien (Anlage B 1). Es wurde festgehalten, dass im Rahmen der Vermögenberatung die Beklagte berechtigt sein soll, im Namen und auf Rechnung des Auftraggebers Geschäfte in Finanzinstrumente gemäß folgendem Umfang abzuschließen. Weiter heißt es, dass im Falle einer orderbegleitenden Vermögensberatung die Beklagte Finanzinstrumente gemäß folgenden Umfangs empfehlen und nur nach Weisung des Auftraggebers im Einzelfall ausführen wird.
Bei den Anlagezielen und Risiken wurde zum Umfang angekreuzt: Wachstum, Risikoklasse 3.
Unter der Rubrik Investitionsschwerpunkt heißt es:
„Maximal 70% erfolgt in in- und ausländische Anlagen der Risikoklasse Aktien, Währungen, Gold und Rohstoffe. Grundsätzlich ist ein Investment zu gleichen Teilen in Aktien-/Renten-/Immobilien- und Alternative Investment –anlagen angestrebt.
Bis zu 60% Fremdwährungsanteil.
Benchmark: 70% MSCI Aktien HM Global 30% REXP 4“
Unter der Rubrik Chancen/Risiken/Anlagestrategie heißt es:
„Langfristiges Kapitalwachstum mit mittleren Chancen bei mittleren Risiken für das Gesamtportfolio. Empfohlener Anlagezeitraum: mind. 3 bis 5 Jahre
Verlustschwelleninformationswert: 15%“
Am 22.06.2009 unterbreitete der Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger strategische Vorschläge für eine Vermögensaufstellung (Anlage K 3).
Entsprechend dem Anlagevorschlag erwarb der Kläger am selben Tag 250 Anteile des offenen Immobilienfonds AXA Immoselect zu je 59,32 € zum Gesamtbetrag von 14.829,13 €.
Der Fonds wird mit anderen Fonds unter der Überschrift „Konservativ“ aufgeführt. Dort heißt es:
-hervorragend gemanagte, offene Immobilienfonds
-hohe steuerfreie Erträge
-aktuell günstiger Einstieg über die Börse möglich
-Renditeerwartung ca. 4,0 – 4,5% p.a.
Aufgrund einer weiteren Kaufempfehlung durch den Mitarbeiter der Beklagten vom 09.04.2010 erwarb der Kläger am selben Tag über die Beklagte 365 Anteile an dem offenen Immobilienfonds Morgan Stanley P 2 Value zum Kurs von 35,73 € im Gesamtwert von 13.042.26 € einschließlich Anschaffungsnebenkosten (Anlage K 4 S.8), sowie 265 Anteil an dem offenen Immobilienfonds DEGI Europa zum Kurs von 48,33 € im Gesamtwert von 12.898,54 € einschließlich Anschaffungsnebenkosten (Anlage K 4, S. 8).
Für die Kaufempfehlung wurde im Beratungsprotokoll jeweils angegeben, dass damit die Ausnutzung einer Sondersituation, der Kauf über die Börse und eine Ergänzung der Strategie Sachwertanlagen möglich sei (Anlage K 5).
Hinsichtlich der Fondsanteile DEGI Europa wurde auf produktspezifische Risiken, nämlich Kursschwankungen, Liquiditätsrisiko und eine Mindestlaufzeit von 3 Jahren, bei dem Fonds Morgan Stanley P 2 Value wurde auf produktspezifischen Risiken nämlich Kursschwankungen und Liquidität hingewiesen.
Am 30.04.2010 erwarb der Kläger 113 Anteile des Schiffsinvest OSF Nr. 1 zu je 132,52 €, insgesamt zu 14.974,82. Im Anlagevorschlag vom 22.06.2009 war der Fonds als kurzfristig veräußerbar mit einer Zielrendite von 8% + X dargestellt. Im Beratungsprotokoll vom April 2010 wurde als Begründung für die Kaufempfehlung angegeben:
„Das empfohlene Finanzinstrument gewährt dem Kunden einen optimalen Beitrag zur Diversifikation des Portfolios. Der Kunde ist aufgrund seines Anlagehorizonts und seiner finanziellen Situation in der Lage die damit verbundenen Anlagerisiken zu verstehen, sowie die mit diesem Finanzinstrument einhergehenden Risiken auch finanziell zu tragen.“
Weiter heißt es:
„Der Beratung lagen folgende Informationen über den Vermögensgegenstand zu Grunde:
Verkaufsprospekt, Factsheet.“
Ausweislich des Beratungsprotokolls wurde auf produktspezifischen Risiken wie Kursschwankungen, Liquiditätsrisiko und eine Mindestlaufzeit von 5 Jahren hingewiesen.
Im Beratungsprotokoll wurde festgehalten, dass dem Kläger die Investition in Sachwerten sehr wichtig gewesen war.
Die Fonds AXA Immoselect, DEGI Europa und Morgan Stanley befinden sich seit Oktober 2010 in Liquidation (Anlage K 8). Beim Erwerb war die Anteilsrücknahme jeweils ausgesetzt, bei dem Fonds AXA Immoselect seit dem 17.11.2008 und bei DEGI Europo seit dem 30.10.2008 ausgesetzt.
Hinsichtlich des Schiffsinvest OSF Nr. 1 wurde die Liquidation beschlossen, der Kläger erhielt hieraus am 30.08.2016 einen Betrag von 6.747,06 €.
Der Kläger macht Schadensersatz aufgrund fehlerhafter Beratung zum Erwerb der Kapitalanlagen getätigten Aufwendungen zuzüglich 4% Zinsen aus dem Gesamtbetrag als entgangenem Gewinn geltend.
Der Kläger trägt vor, es habe ein Vertrauensverhältnis zur Beklagten und insbesondere zu dem für diese tätigen Berater bestanden.
Es habe zum Zeitpunkt der Beratung schon wegen seines Alters von 70 Jahren keinerlei Risikobereitschaft bestanden.
Deshalb habe der Beklagte die streitgegenständlichen Fondsanteile nicht als geeignet bezeichnen und verkaufen dürfen, da sie nicht dem Anlegerhorizont entsprochen hätten. Es werde bestritten, dass sich der Kläger selbst in die Risikoklasse 3 eingeordnet habe. Der Kläger habe im Mai 2009 und 2010 nichts von den hinter der Risikoklasse stehenden tatsächlichen Risiken und Chancen gewusst. Dem habe die Beklagte keine Rechnung getragen. Der Mitarbeiter der Beklagten, habe zu keinem der Fonds irgendwelche Risikohinweise erteilt. Wäre dies erfolgt, so hätte der Kläger Rückfragen gestellt, was es denn konkret heiße, wenn die Anteilsrücknahme ausgesetzt sei.
Es sei kein Hinweis auf die Schließung oder das Schließungsrisiko erfolgt. Wegen des Alters des Klägers sei allenfalls auch eine Bindung von 2 Jahren vertretbar gewesen. Gerade die kurzfristige Veräußerbarkeit sei für den Kläger wesentlich gewesen. Eine entsprechende Aufklärung ergebe sich nicht aus den Beratungsprotokollen. Preisschwankungen seien nicht vergleichbar mit Unverkäuflichkeit. Renditeträchtige Sachwertanlagen seien mittels der streitgegenständlichen Fonds nicht erreichbar gewesen. Verkaufsprospekte seien nicht vorgelegt worden.
Es werde bestritten, dass offene Fonds, die bereits geschlossen worden waren, in die Risikoklasse 3 einzuordnen seien.
Bereits im November 2009 habe die AXA Investmentmanager Deutschlands GmbH mitgeteilt, dass der AXA Immoselect Fonds geschlossen und damit die Ausgabe und Rücknahme von Anteilscheinen des AXA Immoselect bis auf weiteres ausgesetzt sei (Anlage K 9). Die Beklagte als Anlageberaterin und Vermögensverwalterin sei verpflichtet gewesen den Kläger darüber in Kenntnis zu setzen. Bei dem Fonds Morgan Stanley habe es bereits 2009 erhebliche Schwierigkeiten gegeben. Diese Umstände hätten einem sorgfältigen Anlageberater und Vermögensverwalter bekannt gewesen sein müssen. Eine Kaufempfehlung hätte nicht stattfinden dürfen. Ausweislich der Beratungsprotokolle sei auf die Risiken der mangelnden Handelbarkeit, die Abwertung und der Schließungsgefahr und der Geschlossenheit nicht hingewiesen worden. Auf das Totalausfallrisiko sei nicht hingewiesen worden. Die Empfehlung des Erwerbs habe nicht der dokumentierten Anlagestrategie und dem Anlageziel des Klägers entsprochen. Es seien Produkte vermittelt worden, die bereits im Zeitpunkt der Empfehlung extrem risikobehaftet gewesen seien. Die entsprechenden Informationen seien vorhanden gewesen und hätten um ohne großen Aufwand der Beklagtenseite besorgt werden können, die Beklagte habe sich vertraglich um die Vermögensverwaltung kümmern müssen.
Das Handelsblatt habe bereits am 12.11.2009 bekannt gegeben, dass der maritimen Wirtschaft das Wasser bis zum Halse stehe. Weitere in den Printmedien erhobene Hiobsbotschaften hätten dem Beklagten im Rahmen der Beratung offengelegt werden müssen (Anlage K /).
Der Schiffsinvest OSF Nr. 1 habe auch im streitgegenständlichen Erwerbszeitraum 2010 nicht gehandelt werden können (Anlage K 6). Der Fonds sei als offener Schiffsfonds konzipiert und nur in Liechtenstein zum öffentlichen Vertrieb zugelassen worden, in Deutschland habe keine Vertriebszulassung bestanden. Dies sei als riskante Anlage zu bewerten, welche nicht zum Kläger gepasst habe.
Wäre der Kläger wie geschuldet aufgeklärt worden, hätte er die streitgegenständlichen Kapitalanlage nicht erworben.
Er hätte stattdessen in festverzinsliche Rentenpapiere investiert und dabei eine Rendite von mindestens 4 % erwirtschaftet. Infolgedessen bestehe ein Anspruch auf den entgangenen Gewinn.
Die Kenntnis vom Schaden bei dem Fonds AXA Immoselect habe der Kläger erst im Jahr 2011 erlangt.
Die Feststellungsklage sei zulässig, weil der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Annahmeverzuges gemäß § 756 ZPO habe.
Der Kläger verlangte zunächst einen Betrag von insgesamt 58.606,93 €, berücksichtigte sodann Ausschüttungen hinsichtlich der AXA Immoselect Fondsbeteiligung in Höhe von 5.629,56 € und hinsichtlich des Fonds Morgan Stanley in Höhe von 5.237,75 € und beantragte sodann eine Summe von 47.587,90 €. Nach der Berücksichtigung weiterer Ausschüttungen hinsichtlich des Degi Europa Fonds in Höhe von 1.788,75 € beantragte der Kläger die Zahlung von 45.799,15 €. Nach Berücksichtigung weiterer Ausschüttungen und des Geldbetrags aus der Auflösung des Schiffsinvest OSF Nr. 1 hat der Kläger die Klage insoweit für erledigt erklärt.
Auf die Klageschrift und die Schriftsätze des Klägers vom 03.02.2015, 11.03.2015, 13.04.2015, 23.04.2015 und 16.12.2016 wird insoweit verwiesen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt:
1.1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug-um-Zug gegen Übertragung der 365 Stück Fondsanteile Morgan Stanley P 2 Value, Wertpapierkennnummer abgekürzt WKNAOF668, an den Kläger 7.246,76 € nebst 4 % Zinsen vom 30.04.2010 aus 7.805,21 € bis Rechtshängigkeit und in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem jeweiligen Basiszins hieraus seit Rechtshängigkeit und bis zum 31.12.2015 und aus 7.246,76 € seit dem 01.01.2016 zu bezahlen.
1.2. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übertragung der 257,764 Stück fondsanteile DEGI EUROPA Fondsbeteiligung, in Höhe von 9.445,59 € nebst 4 % Zinsen seit 30.04.2010 und aus 11.109,79 € bis Rechtshängigkeit, in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 11.109,79 € seit Rechtshängigkeit bis zum 31.12.2015 und aus 9.445,59 € seot 01.01.2016 zu bezahlen.
1.3. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 8.237,76 € nebst 4 % Zinsen uns aus 14.974,82 € seit dem 30.04.2010 bis Rechtshängigkeit, in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit bis zum 30.08.2016 und aus 8.237,76 € seit dem 31.08.2016 zu bezahlen.
1.4. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übertragung der 265 Stück AXA Immoselect Anteile Wertpapierkennnummer 984645, an den Kläger in Höhe von 7.305,32 € nebst 4 % Zinsen aus 9.809,57 € vom 30.04.2010 bis Rechtshängigkeit und in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz bis 23.04.2015 und aus 8.537,00 € vom 24.04.2015 bis 31.12.2015 aus 7.305,32 € seit dem 01.01.2016 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Wertpapiere gemäß Klageantrag 1 seit dem 24.12.2013 in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.099,67 € und nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 18.01.2014 zu bezahlen.
Die Beklagte schließt sich unter Verwahrung gegen die Kosten der Teilerledigungserklärung an.
Die Beklagte beantragt im Übrigen
Klageabweisung.
Es sei falsch und werde bestritten, dass der Kläger keinerlei Risikobereitschaft gehabt habe.
Im Rahmen von Anlagerichtlinien, gemeinsam mit dem Kläger am 25.05.2009 aufgestellt, habe sich der Kläger selbst in die dritte von insgesamt vier Risikoklassen eingestuft. Die Behauptung, die streitgegenständlichen Fondsanteile seien für den Anlegerhorizont des Klägers nicht geeignet gewesen, lasse sich vor der eigenen Einstufung in die zweithöchste Risikoklasse nicht aufrechterhalten.
Der Kläger habe sich bei den Gesprächen daran interessiert gezeigt, das Anlagevermögen zu streuen. Außerdem habe er die Erwartung gehabt nicht nur niedrige Zinsen zu erhalten, sondern eine überdurchschnittliche Rendite erwirtschaften zu können. Demnach sei dem Kläger eine Aufteilung seines anzulegenden Vermögens auf mehrere verschiedene Anlagen als sinnvoll dargestellt worden. Hierauf habe der Vorschlag der Beklagten vom 22.06.2009 (Anlage K 3) basiert. Aufgrund der Vorgaben des Klägers seien, neben seinen Investitionen in Immobilien, vorrangig Immobilien und Schiffsfonds sowie sonstige Sachwertbeteiligungen in Betracht gekommen.
Der Zeuge W. habe dem Kläger vor Erwerb der Anteile am Fonds AXA Immoselect mitgeteilt, dass die Anteilsrückname ausgesetzt worden war. Er habe weiter mitgeteilt, dass es bei dem Fonds zu erheblichen Kursabschlägen gekommen sei und die Gründe hierfür erläutert. Er habe erklärt, dass aufgrund des vorhandenen Immobilienbestandes davon auszugehen sein, dass die Anteile relativ günstig bewertet seien. Sowohl im Falle einer Verwertung der Immobilien als auch im Falle einer Wiederaufnahme der Anteilsrücknahme bestehe nach seiner Einschätzung die Möglichkeit, mit dieser Sachwertanlage eine Rendite zu erwirtschaften. Hierzu komme, dass der Kläger die Anteile im Handel über die Börse ohne Ausgabeaufschlag erwerben könne. Der Kläger der an einer renditeträchtigen Sachwertanlage interessiert gewesen sei, habe den Fonds zeichnen wollen.
Bei einem weiteren Gespräch am 09.04.2010 habe der Kläger wiederum angegeben, dass er in Sachwerte investieren wolle (Beratungsprotokoll Anlage K 5). Dem Gespräch seien schon mehrere Gespräche einschließlich der Gespräche am 25.05. und 22.06.2009 sowie am 16.09.2009 vorangegangen. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger schon gewusst, dass bei offenen Immobilienfonds das Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme bestehe. Die kurzfristige Wiederaufnahme der Anteilsrücknahme bei dem Fonds AXA Immoselect sei dem Kläger auch mitgeteilt worden (Anlage B 4). Zudem habe der Zeuge W. erläutert, dass die Anteilsrücknahme der Fonds Morgan Stanley P2 Value und DEGI Europa, ausgesetzt, jedoch ein Erwerb über die Börse möglich sei. Deshalb sei im Beratungsprotokoll festgehalten worden: Ausnützung Sondersituation, Kauf über Börse, Ergänzung Strategie Sachwertanlagen (Anlage K 5).
Die Anteile seien dann auch über die Börse erworben worden, weshalb die streitgegenständlichen Fonds eine Wertpapierkennnummer aufwiesen.
Bei dem Fonds Schiffinvest OSF Nr. 1 handle es sich um einen Fonds, in dem mehrere Schiffsbeteiligungen gebündelt seien und der damit die Möglichkeit eröffnet habe, auch mit kleineren Anlagebeträgen eine diversifizierte Anlage in Schiffsbeteiligungen vorzunehmen. Es treffe nicht zu und werde bestritten, dass die Anteile im Jahr 2010 nicht mehr hätten gehandelt werden können. Dies stehe schon im Widerspruch dazu, dass der Kläger selbst vorträgt im Jahr 2010 entsprechende Anteile erworben zu haben. Zudem seien die Anteile noch bis Februar 2012 sowohl über die Kapitalanlagegesellschaft als auch über die Börse handelbar gewesen.
Der Zeuge W. habe sowohl im Gespräch vom 22.06.2009 als auch im Gespräch vom 09.04.2010 darauf hingewiesen, dass bei den jeweiligen Fonds natürlich nicht nur die Chance auf Rendite bestehe, sondern auch Risiken zu beachten seine. Er habe neben der ausgesetzten Anteilsrücknahme auch auf das daraus resultierende Risiko nämlich dass Anteile nur an der Börse zu dem dort jeweils verfügbaren Marktpreis veräußert werden können hingewiesen und dass dieser Marktpreis Preisschwankungen unterliegen könne.
Jeweils seien zu allen streitgegenständlichen Fonds vor deren Erwerb die Fact Sheets übergeben worden. Daraus hätten sich jeweils die Hinweise ergeben hinsichtlich der verbundenen Risiken, auf die der Zeuge auch in den persönlichen Gesprächen eingegangen sei. Zu keinem Zeitpunkt sei durch den Zeugen W. gesagt worden, dass die Anlagen völlig risikolos seien.
Das Fact Sheet zum Fonds AXA Immoselect enthalte den Hinweis: Möglichkeit zur Aussetzung der Anteilsrücknahme (Anlagenkonvolut B 6).
Das Fact Sheet zum Morgan Stanley P 2 Value habe folgenden Hinweis enthalten: Risiko einer temporären Einschränkung der Rücknahme der Fondsanteile (Anlagenkonvolut B 6).
Der Schiffsinvest OSF 1 sei im Hinblick auf die Risikoeinstufung einer Aktie gleichgestellt worden. Aus den übergebenen Unterlagen ergäben sich ebenfalls die entsprechenden Risiken (Anlagenkonvolut B 6).
Dem Kläger sei jeweils angeboten worden die Emissionsprospekte zu erhalten.
Sowohl die 3 offenen Immobilienfonds als auch der Fonds Schiffsinvest OSF Nr. 1 hätten bei den Vorgaben des Kälgers eine für ihn geeignete Anlageform dargestellt.
Hinsichtlich des geltend gemachten entgangenen Gewinns werde bestritten, dass der Kläger alternativ in nicht näher spezifizierte festverzinsliche Rentenpapiere investiert hätte. Dem Zeugen W. Gegenüber habe der Kläger jedenfalls nicht zu erkennen gegeben, dass er beabsichtige in solche Rentenpapiere zu investieren. Ferner werde mit Nichtwissen bestritten, dass derartige Rentenpapiere eine Rendite von mindestens 4 % jährlich erwirtschaftet hätten. Dies sei vor dem Hintergrund des weltweit überaus niedrigen Zinsniveaus seit dem Jahr 2010 auch mehr als unwahrscheinlich.
Die Klage sei auch nicht schlüssig, da sich der Kläger nicht entscheide, ob er Ansprüche aus einem Anlagenberatungsvertrag oder aus einem Vermögensverwaltungsvertrag geltend machen wolle. Der Kläger behaupte den Abschluss eines Vermögensverwaltungsvertrages und gleichzeitig die angebliche Verletzung von Beratungspflichten. Von der Klarstellung hänge ab, ob die Klage schlüssig sei oder nicht.
Pflichtverletzungen seien nicht gegeben. Ausgehend von den Vorgaben der Klägers erweise sich der Vorschlag in die streitgegenständlichen Fonds zu investieren als anlegergerecht. Auf das Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme sei der Kläger jeweils hingewiesen worden. Zudem sei ihm das Risiko bekannt gewesen, da die Anteilsrücknahme der 3 streitgegenständlichen offenen Immobilienfonds zum Zeitpunkt des Erwerbs über die Börse jeweils ausgesetzt gewesen sei. Ein Hinweis auf ein Totalverlustrisiko sei bei einem Immobilienfonds nicht geschuldet gewesen.
Es werde die Einrede der Verjährung geltend gemacht. Hinsichtlich der Anteile am Fonds AXA Immoselect ergebe sich die Verjährung aus § 37 a WpHG a.F.
Darüber hinaus seien etwaige Ansprüche des Klägers auch nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen verjährt. Nach eigener Einlassung des Klägers sei ihm bereits im November 2009 mitgeteilt worden, dass der Fonds AXA Immoselect geschlossen worden sei. Damit habe die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2012 geendet.
Auch im Übrigen seien Ansprüche des Klägers hinsichtlich sämtlicher streitgegenständlicher Fonds verjährt. Darüber ergebe sich, dass die streitgegenständlichen Fonds insbesondere dem Risiko von Kursschwankungen sowie einem Liquidationsrisiko ausgesetzt gewesen seine. Der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt, wenn er eine Beratung bestätige und sich dann nicht die Gewissheit über die Richtigkeit der Beratung verschaffe.
Hinsichtlich sämtlicher weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.
Der Kläger hat am 30.12.2013 einen Mahnbescheid beantragt, der am 02.01.2014 erlassen worden ist. Nach Mitteilung des Widerspruchs am 13.01.2014 ist die Abgabe an das Landgericht am 18.02.2014 erfolgt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W. und F.
Insoweit wird auf das Protokoll vom 21.01.2015 und 13.05.2015 Bezug genommen. Weiter wurde Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten. Auf das Gutachten vom 06.09.2016 des Sachverständigen Vogelsang, sowie auf die Angaben des Sachverständigen im Termin vom 11.01.2017 wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz wegen Pflichtverletzung aus dem Vermögensberatungsvertrag gem. § 280 Abs. 1 BGB Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung, auf entgangenen Gewinn, sowie auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten.
I.. Vermögensberatungsvertrag
Zwischen den Parteien ist ein honorierter Vermögensberatungsvertrag geschlossen worden. Ob dies auf der Grundlage der Anlage K 1 geschehen ist, bei der es sich um ein veraltetes Formular aus der DM-Zeit handelt und das weder ein Datum noch eine Unterschrift des Klägers trägt, ist nicht entscheidungserheblich.
1. Jedenfalls haben die Parteien in Ergänzung einer orderbegleitenden Vermögensberatung Anlagerichtlinien festgelegt, die vom Kläger und der Beklagten, diese vertreten durch den Berater W., unterzeichnet worden sind. Aus diesen Anlagerichtlinien ergibt sich zunächst, ohne jede Bewertung ohne Auslegung und ohne das es darauf ankäme, ob der Kläger sich selbst, hinreichend aufgeklärt, in die Risikoklasse 3 eingeordnet hat oder nicht, die Grundlage für die weitere Beratung des Klägers.
2. Ein Vermögensverwaltungsvertrag wurde nicht geschlossen. Dies würde voraussetzen, dass die Beklagte ohne Weisung des Klägers innerhalb der vorgegebenen Anlagerichtlinie das Vermögen verwalten hätte dürfen. Dies war nicht der Fall. Vielmehr war es so, dass dem Kläger Anlagevorschläge unterbreitet worden sind und dieser dann über den Erwerb entscheiden konnte.
3. Nach den Anlagerichtlinie zum Vermögensberatungsvertrag war die Beklagte verpflichtet dem Kläger entsprechend seinem Wissensstand, seiner Risikobereitschaft und seiner Anlageziele über allgemeine Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes sowie die speziellen Risiken die mit den Besonderheiten eines Anlageobjektes einhergehen zu beraten und aufzuklären und die vereinbarte Anlagestrategie zu verfolgen.
Geschuldet war aus dem Vermögensberatungsvertrag eine anleger- und anlagegerechte Beratung auf deren Grundlage nach Weisung des Klägers die einzelnen Anlagen angeschafft werden sollten.
Damit sollte gemäß vertraglicher Vereinbarung ein langfristiges Kapitalwachstum mit mittleren Chancen bei mittleren Risiken für das Gesamtportfolio erreicht werden können.
II. Pflichtverletzung
Der Kläger ist zu dem Erwerb der Anteile an den Fonds AXA Immoselect, der Anteile an dem Fonds Morgan Stanley P 2 Value, am Fonds DEGI Europa sowie des Fonds Schiffsinvest OSF Nr. 1 nicht anlegergerecht und nicht anlagegerecht beraten worden.
1. Für die Pflichtverletzung trägt jeweils der Kläger die Beweislast
Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass eine anleger- und anlagegerechte Beratung nicht erfolgt ist.
2. Der Zeuge W. hat bei seiner Vernehmung angegeben, dass man den offenen Immobilienfonds AXA Immoselect zum Zeitpunkt der Kaufempfehlung als konservative Anlage ausgewählt habe. Es hat sich seiner Einschätzung nach um eine konservative Anlage gehandelt.
Die beiden weiteren offenen Immobilienfonds, erworben am 09.04.2010, wurden nach den Angaben des Zeugen nicht mehr als konservative Anlage betrachtet, weil es an der Börse enorme Abschläge gegeben hatte.
Gleichzeitig hat der Zeuge angegeben, er habe dem Kläger gesagt, es sei bei dem Immobilienfonds AXA Immoselect damit zu rechnen, dass demnächst wieder Anteile zurückgenommen werden würden. Weiter habe er ihm gesagt, dass für den Fall, dass die Anteilsrücknahme nicht wieder aufgenommen werden würde, der Fonds liquidiert werden müsste. Der Zeuge hat auch angegeben, dass im Beratungsprotokoll festgehalten sei, dass man die Themen durchgegangen sei.
Beweiswürdigend ist festzustellen, dass sich die entsprechenden Beratungen jedenfalls nicht aus den Unterlagen in vollem Umfang nachvollziehen lassen. Aus den strategischen Vorschlägen vom 22.06.2009 (Anlage K 3) ergibt sich jedenfalls nur eine positive Darstellung des Fonds AXA Immoselect. Auch aus dem Beratungsprotokoll vom 09.04.2010 (Anlage K 5) ergibt sich keine Beratung über das Schließungsrisiko, bzw. dessen mögliche Auswirkungen. Es ist lediglich die Rede von der Ausnutzung einer Sondersituation und der Möglichkeit des Kaufs über die Börse.
Auch aus dem Beratungsprotokoll zum Erwerb der beiden weiteren offenen Immobilienfonds ergibt sich eine derartige Beratung nicht.
Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der glaubwürdigen Angaben des Klägers im Rahmen der Anhörung, ergeben sich ganz erhebliche Zweifel, dass der Kläger seinem Wissenstand entsprechend und im Rahmen einer (mittleren) Risikobereitschaft aufgeklärt und beraten worden ist. Die Angaben des Klägers, dass von wesentlichen Risiken keine Rede gewesen sei, stimmt besser mit den Unterlagen überein, als die Angaben des Zeugen W. zu der erfolgten Aufklärung, zumal dieser sich auch auf die Beratungsunterlagen bezogen hat.
Gleichzeitig aber hat der Zeuge W. seine Beratung ausweislich des Vortrags der Beklagten und entsprechend seiner Aussage so gestaltet, dass der Kläger davon ausgehen konnte, dass es sich jeweils um einen günstigen und potentiell lohnenden Erwerb handelt und auch bei einer Liquidation kein wesentliches Verlustrisiko wegen der vorhandenen Immobilienbestände bestehen würde.
Dazu kommt, dass der Zeuge W. fehlerhaft von einem Gesamtportfolio von 800.000,00 € ausgegangen ist und in diesem Rahmen die Bewertung der Risiken hinsichtlich des Investments von gerade einmal 3 x 15.000,00 € vorgenommen hat.
Unter diesen Umständen kann von einer anlegergerechten Beratung nicht ausgegangen werden.
3. Der Sachverständige Vogelsang, der ein umfangreiches, in sich schlüssiges Gutachten erarbeitet und im Rahmen der Anhörung sämtlicher offenen Fragen beantwortet hat, ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Empfehlung zum Kauf der drei offenen Immobilienfonds nicht angemessen war.
Hinsichtlich der Anlage Morgen Stanley P 2 Value und DEGI Europa ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich um hochriskante Anlage gehandelt hat.
Der Sachverständige ist von einem relevanten Gesamtportfolio von 400.000,00 € ausgegangen.
Etwas anderes lässt sich dem Vortrag der Parteien auch nicht entnehmen. Der Kläger hat einen Betrag von 400.000,00 € an die Augsburger Aktien Bank überwiesen, wobei der Betrag von 150.000,00 € jedenfalls zunächst (nur) für eine Festgeldanlage vorgesehen war.
Der Sachverständige hat sich umfangreich mit den Anlagerichtlinien (Anlage B 1) befasst und diese einer eingehenden Kritik unterzogen (Gutachten Seite 20 ff.). Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Vordruck nicht geeignet ist eine eindeutige Abgrenzung der vorgesehenen Anlagestrategie und des hiermit einhergehenden Risikoprofils, in Verrechnung als Gesamtportfolio, zuzulassen (Gutachten Seite 34 f).
Der Sachverständige hat wegen dieses Mangels die einzelnen Risikokategorien der Anlage B 1 ergänzend betrachtet und geht davon aus, dass für die Risikoklasse 3 von einer Aufteilung zu gleichen Teilen in die vier angesprochenen Anlagekategorien Aktien-, Renten-, Immobilien- und alternative Investmentanlagen auszugehen ist und zieht für die Kurs- bzw. Preisschwankungen und die hiermit einhergehenden Verlustrisiken den sogenannten Value at Risk (VaR) heran.
Die Einschätzung des Sachverständigen hinsichtlich der Substanz und Geeignetheit der Anlagerichtlinien schließt sich das Gericht an und billigt die weitere Bewertung anhand des VaR, zumal ein anderer Weg zur Beurteilung der streitgegenständlichen Anlagen im Rahmen des Gesamtporfolio und der Risikobehaftetheit nicht ersichtlich ist. Die Heranziehung des VaR zur Beurteilung von Kapitalanlagen ist ein gängiges und anerkanntes Verfahren.
Der Sachverständige hat dann die tatsächliche Umsetzung mit den Soll-Vorgaben geprüft und sich dabei an der seinerzeitigen Marktsituation, den vorgesehenen Allokationsansätzen, den vorgesehenen/tatsächlich umgesetzten Investitionen im Rahmen des Gesamtportfolios orientiert und dann die einzelnen Assets aus dem Beweisbeschluss geprüft (Gutachten S. 40 ff). Die Investitions- und Allokationsvorschläge der Beklagten wurden im Juni 2009 bei einer weltweit sehr schlechten Konjunktursituation mit für einzelne Märkte derzeit steigender Hoffnung auf Erholung gemacht.
Bis zum 22.09.2009 waren ca. 22.000,00 € angelegt (Gutachten S. 51). Festgestellt hat der Sachverständige, dass bei der gegebene Portfoliozusammensetzung (Auswertung von 10 bis 12 bis Ende Juni 2009 angeschafften Assets, welche die 4 Anlagensegmente repräsentieren) zu hohe und teils viel zu hohe Kursverlustrisiken vorherrschten (Gutachten S. 52 ff, S. 60).
Hinsichtlich des Anlagevorschlags vom 22.06.2009 beanstandet der Sachverständige die Darstellung des Fonds AXA Immoselect. Es fehlen im Anlagevorschlag entsprechende, wichtige Risikohinweise zu den Hintergründen der Sondersituation (Gutachten S. 66). Zum Zeitpunkt des Vorschlags war die Rücknahme seit fast 8 Monaten ausgesetzt, es waren markante Preissprünge zu beobachten. Nach 12 Monaten durften Fondsimmobilien mit bis zu 10 % Abschlag zu den gutachterlichen Wertansätzen verkauft werden. Dies kann bei fremdfinanzierten Objekten zu muliplikativen und gehebelten Verlusten führen. Die Ausnutzung einer Sondersituation kann nicht als konservativ beschrieben werden (Gutachten S. 67).
Im Ergebnis kommt der Sachverständige zu der Auffassung, dass es sich bei der Kaufempfehlung vom 22.06.2009 um eine spekulative mit erhöhten Risiko behafteten, jedoch nicht um eine hochspekulative/hochriskante Anlage gehandelt hat. (Gutachten S. 75(. Die Anlageempfehlung des AXA Immoselect lässt sich jedoch im Rahmen der Gesamt(teil)Portfolio Betrachtung wegen überhöhter Risiken im Einzelnen und im Kontext des betreffenden Anlagesegments aus sachverständiger Sicht nicht rechtfertigen (Gutachten S. 77).
Auch hinsichtlich der Anlageempfehlung vom 09.04.2010 beanstandet der Sachverständige die für die Kaufempfehlung gegebene Begründung. Zu diesem Zeitpunkt war die Rücknahme der Anteile mit kurzen Unterbrechungen seit Oktober 2008 ausgesetzt (Gutachten S. 78). Für nicht nachvollziehbar hält der Sachverständige die angegebenen Laufzeiten. Ein pauschaler Hinweis auf ein Liquiditätsrisiko ist nicht ausreichend.
Der Sachverständige kommt nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Empfehlung zum Erwerb der beiden weiteren offenen Immobilienfonds nicht angemessen gewesen ist und es sich hinsichtlich der am 09.04.2010 erworbenen beiden Immobilienfonds um hochriskante Anlagen gehandelt hat (Gutachten S. 90).
Demnach durften diese im Rahmen des Gesamtportfolio nicht empfohlen werden.
4. Auch hinsichtlich des Fonds Schiffsinvest OSF Nr. 1 wurde keine entsprechende anleger- und anlagegerechte Beratung durchgeführt.
Festzustellen ist zunächst, dass der Fonds ausweislich der eigenen Unterlagen der Beklagten keine Vertriebszulassung in Deutschland gehabt hat (Anlage K 6).
Bereits aus diesem Grund und auch im Rahmen des honorierten Vermögensberatervertrages durfte dem Kläger dieses Investment, ein Eigenprodukt der Beklagten mit 5 % Ausgabeaufschlag für diese, nicht empfohlen werden.
Zudem, mit Berücksichtigung der Feststellung des Sachverständigen, unter welchen Bedingungen ein derartiges Private Placement möglich ist (Gutachten Se. 93), war die Kaufempfehlung pflichtwidrig.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen werden derartige Private Equity Anlagen in die höchste Risikoklasse eingeordnet (Gutachten S. 99).
Lediglich wegen der denkbaren Einordnung im Rahmen des speziellen Anlagesegments „Alternative Anlage-Investment“, kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, das dieses trotz aller Bedenken empfohlen werden durfte.
Allein die Brachbarkeit für die Einordnung in ein Anlagesegment, kann aus der Sicht des Gerichts keine Rechtfertigung für die Kaufempfehlung darstellen.
III. Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB wird das Vertretenmüssen einer Pflichtverletzung grundsätzlich vermutet. Der Schuldner hat nach § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten.
IV. Der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und der Anlageentscheidung und der Schadenentstehung ist gegeben. Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer Aufklärungspflichtverletzung vor der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (ständige Rechtsprechung des BGH, z.B. Urteil vom 19.11.2009, III ZR 169/08, Rn 26).
Die Vermutung der Kausalität ist nicht widerlegt.
Der Kläger hat vorgetragen und im Rahmen seiner Anhörung ausgeführt, dass er die Anlagen bei entsprechender Beratung über die Risiken nicht getätigt, sondern eine sichere Anlage gewählt hätte
V. Die Ansprüche des Klägers sind auch durchsetzbar.
Zwar gilt für den Erwerb des Fonds AXA Immoselect grundsätzlich die kenntnisunabhängige dreijährige Verjährung des § 37 VpHG a.F., der bis zum 04.08.2009 und damit auch für den Erwerb am 22.06.2009 galt. Damit wäre im Juni 2012, also vor Beantragung des Mahnbescheids, Verjährung eingetreten.
Allerdings ist der Schadenersatzanspruch wegen Pflichtverletzung des Vermögensberatervertrages anders als der Schadenersatzanspruch wegen einer Wertpapierdienstleistung, nicht nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt.
Insoweit hat der Kläger erst im Jahr 2011 Kenntnis vom Schaden erlangt.
Auch im Übrigen ist Verjährung nicht eingetreten. Der Kläger hat am 30.12.2013 bei dem Amtsgericht Coburg einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gestellt, der am 02.01.2014 erlassen und am 08.01.2014 zugestellt worden ist.
VI. Rechtsfolgen
1. Zahlungsanträge:
Der Kläger hat einen Anspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB so gestellt zu werden, als wären die Beteiligungen nicht erworben worden (§ 249 BGB).
Somit hat der Kläger hinsichtlich der jeweiligen Fonds einen Anspruch auf Zahlung der Anschaffungskosten abzüglich der Ausschüttungen.
Zug-um-Zug hat er nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung das Anlageprodukt, soweit noch vorhanden, herauszugeben.
Damit bestehen unter Berücksichtigung der Ausschüttungen folgende Zahlungsansprüche:
- Fonds Morgan Stanley P 2 Value: 7.246,76 €
- Fonds DEGI EUROPA: 9.445,59 €
- Fonds Schiffsinvest OSF Nr. 1: 8.237,76 €
- Fonds AXA Immoselect: 7.305,32 €
Der Kläger hat einen Anspruch auf Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
Rechtshängigkeit ist erst mit Eingang der Akten bei dem Landgericht eingetreten. Eine alsbaldige Abgabe im Sinne des § 696 Abs. 3 ZPO ist nicht erfolgt, so dass die Rechtshängigkeit nicht auf die Zustellung des Mahnbescheids zurückwirkt.
2. Entgangener Gewinn
Der Kläger hat auch einen Anspruch auf entgangenen Gewinn.
Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne des § 252 BGB ist anhand der behaupteten alternativen Investitionsentscheidung und auch deren Umfang ist anhand des Tatsachenvortrages zu beurteilen. Es ist vorzutragen für welche konkrete Form oder der Kapitalanlage man sich ohne das schädigende Ergebnis entschieden hätte (BGB XL ZR 360/11, Rn 11ff). Der Kläger hat vorgetragen, dass er stattdessen in festverzinsliche Rentenpapiere investiert und dabei eine Rendite von mindestens 4 % p.a. erwirtschaftet hätte. Diesen Vortrag hält das Gericht für glaubhaft, dem Kläger kommen insoweit auch die Beweiserleichterungen des § 252 S. 2 BGB zugute. Auch die Gewinnerwartung stellt sich als realistisch dar (Gutachten Seite 41, Renten 4 % p.a. im 5-Jahreshorizont).
VII. Feststellungsantrag
Der Antrag ist zulässig, weil der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Annahmeverzugs hat (§ 756 ZPO).
Der Antrag ist auch gemäss §§ 293 und 295 BGB begründet. Der Kläger hat der Beklagten die Übertragung seiner Anteile angeboten und die Beklagte hat die angebotene zurückgewiesen.
VIII: Rechtsverfolgungskosten
Zum ersatzfähigen Schaden rechnen auch die Kosten der Rechtsverfolgung, soweit sie erforderlich und zweckmäßig waren. Grundsätzlich ersatzfähig sind die Kosten der vorprozessualen Beauftragung eines Rechtsanwalts. Ersatzfähig sind die auf die Kosten des Rechtsanwalts nicht anrechenbare Vergütung für die vorprozessuale Tätigkeit des Rechtsanwalts aus dem Geschäftswert der begründeten Ersatzforderung zugl. Zinsen. Aus einem Streitwert von 43.699,39 € errechnet sich mit der 1,3
Verfahrensgebühr zzgl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ein Betrag von 1.706,94 €.
Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
IX. Nebenentscheidungen
1. Kosten
Es ist eine Kostenmischentscheidung zu treffen /§§ 92, 269, 91 a ZPO). Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 25 %, der Beklagte 75 % zu tragen. Der Kläger hat die Kosten insoweit zu tragen, als er zunächst Ausschüttungen nicht berücksichtigt hat und die Klage deswegen teilweise zurückgenommen hat. Soweit Ausschüttungen im Laufe des Rechtsstreits erfolgt sind und soweit der Kläger aus der >Liquidation des Fonds Schiffsinvest OSF Nr. 1 eine Auszahlung erhalten hat, liegen übereinstimmende Erledigungserklärungen vor. Auch insoweit hat die Beklagte die Kosten zu tragen, weil der Kläger hinsichtlich dieser Beträge obsiegt hätte.
2. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.
gez. K.
Vorsitzender Richter am Landgericht
Verkündet am 15.02.2017
gez.
S., Jang
Urkundenbeamtin der Geschäftsstelle
Landgericht Traunstein
Az.: 8 O 2468/11
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
-Kläger-
Prozessbevollmächtigte:
RAe Rudholzner & Coll., Ludwigstraße 22 b, 83278 Traunstein, Gz.: 8/2011
gegen
Chiemgau Bauprojekt – Realisierungsgesellschaft mbH
-Beklagte-
Prozessbevollmächtigte:
RAe Tauber Kraus Mehringer, Maxplatz 5, 83278 Traunstein
wegen Zustimmung zur Löschung und Neubestellung einer Grunddienstbarkeit
erlässt das Landgericht Traunstein – 8. Zivilkammer – durch die Richterin am Landgericht Dr. Winner als Einzelrichterin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2013 folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, ihre Zustimmung zur Löschung des im Grundbuch des Amtsgerichts Traunstein für Holzhausen, Blatt 215, Flurstück Nr. 104/1 (Größe 1150 m²/Altbestand), Abteilung 2 unter laufender Nr. 5 eingetragenen Geh- und Fahrtrechts sowie Pkw- und Abstellplatzrechts zu erteilen, Zug um Zug gegen Neueintragung selbiger Grunddienstbarkeit mit verändertem Ausübungsbereich auf dem Flurstück Nr. 104/1 (Größe 1398 m²/Neubestand) der nämlichen Gemarkung, und die erforderlichen grundbuchrechtlichen Erklärungen abzugeben.
Der Ausübungsbereich des neu einzutragenen Geh- und Fahrtrechts sowie Pkw- und Abstellplatzrechts ergibt sich aus dem beigefügten Lageplan im Maßstab 1:250.000, welcher Bestandteil des Urteils ist.
2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 1.176,91 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.06.2011 zu bezahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00€, hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um ein Geh- und Fahrtrecht, das aufgrund einer Vereinbarung der Rechtsvorgänger im Kaufvertrag vom 29.08.1986 (Anlage B 1 und Anlage zum Protokoll vom 14.10.2011) zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstückes Flurstück Nr. 104/4, derzeit die Beklagte, zulasten von Flurstück Nr. 104/1, Schönblickstr. 1 in Holzhausen im Grundbuch des Amtsgericht Traunstein für Holzhausen, Blatt 215, Abteilung 2 unter laufender Nr. 5 eingetragen ist. Eigentümer des Grundstücks Flur Nr. 104/1, das zwischenzeitlich infolge einer Verschmelzung mit Flurstück Nr. 104/5 von 1159 m² auf 1359 m² vergrößert wurde, ist der Kläger; er begehrt die Verlegung des Geh- und Fahrtrechts innerhalt seines Grundstücks.
Der Kläger trägt vor, das Geh- und Fahrtrecht sowie der PKW-Abstellplatz seien bislang nicht durch entsprechende Baumaßnahmen in Anspruch genommen und ausgeübt worden. Die bisherige Lage des Zufahrtweges sei sowohl für den Kläger nachteilig, da dieser direkt an seinem Wohnhaus vorbeiführe und sein Grundstück in der Mitte zerschneide, als auch für den Beklagten, weil das Gelände an der Stelle, an der die Zufahrt eingerichtet werden müsse, ein sehr starkes Gefälle ausweise. Er ist daher der Ansicht, er haben Anspruch auf Verlegung des Geh- und Fahrtrechts auf der Grundlage von §§ 1023, 1020 BGB.
Ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund irgendwelcher Baukostenerstattungsansprüche stehe der Beklagten nicht zu, da überhaupt noch keine Baumaßnahme durchgeführt worden sei. Bei den Baukosten für die neue Trasse handele es sich um Ohnehin-Kosten.
Der Kläger beantragte zuletzt,
1. die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung des im Grundbuch des Amtsgerichts Traunstein für Holzhausen, Blatt 215, Flurstück Nr. 104/1 (Größe 1159 m²/Altbestand), Abteilung 2 unter laufender Nr. 5 eingetragenen Geh- und Fahrtrechts sowie Pkw- und Abstellplatzrechts zu erteilen, Zug um Zug gegen Neueintragung selbiger Grunddienstbarkeit mit verändertem Ausübungsbereich auf dem Flurstück Nr. 104/1 (Größe 1359 m²/Neubestand der nämlichen Gemarkung und die erforderlichen grundbuchrechtlichen Erklärungen abzugeben.
Der Ausübungsbereich des neu einzutragenden Geh- und Fahrtrechts sowie Pkw- und Abstellplatzrechts ergibt sich aus dem Schriftsatz vom 9.10.2013 beigefügten Lageplan im Maßstab 1:250, welcher Bestandteil des Urteils ist.
2. die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 1.176,91 € nebst Zinsen i.H.v 5%-Punkten p. a. hieraus seit dem 4.06.2011 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise beruft sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 23.152,95 Euro.
Sie ist Ansicht, eine besondere Beschwerlichkeit i.S.d. § 1023 BGB sei für den Kläger nicht gegeben. Die Nutzung des Wohnanwesens und des Grundstücksumgriffs sei in keiner Weise beeinträchtigt. Ein Durchgangsverkehr sei nicht gegeben, vielmehr werde lediglich ein Wohngrundstück erschlossen. Beeinträchtigungen während der Bebauung des herrschenden Grundstücks seien zeitlich auf wenige Wochen beschränkt und begründet keine besondere Beschwerlichkeit. Zudem seien sämtliche nachteiligen Umstände bereits zur Zeit der Dienstbarkeitsbestellung bekannt gewesen.
Überdies würde der neue Ausübungsbereich für die Beklagte zu einer erheblichen Verschlechterung führen, da die neue Fahrt mindestens doppelt so lang sei wie die bisherige, was Mehrkosten nicht nur für die Herstellung (die Ausführung der geplanten Trasse koste 15.889,26 € brutto, Bl. 84 d.A.; Anlage zum Schriftsatz vom 14.01.2013, Bl. 123 d.A.), sondern zu tragen. Auch die auf der öffentlichen Schönblickstraße zurückzulegende Wegstrecke sei erheblich länger. Weiter würde der bisher auf dem dienenden Grundstück liegende PKW-Abstellplatz zu einem erheblichen Teil auf das herrschende Grundstück verschoben und erhielte statt einer rechteckigen eine rhombenförmige Gestalt. Die Einfahrt in die geplante Garage ließe
sich nicht wie beabsichtigt ausgestalten. Schließlich sei auch mit Erschwernissen aufgrund des aus dem Waldgrundstück Flurnr. 104 führende und auf die neue Fahrt aufzutreffende Waldweges zu rechnen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme des Ortsaugenscheins, Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens samt mündlicher Anhörung des Sachverständigen und Einvernahme des Zeugen … Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. … vom 17.04.2013 sowie die Sitzungsniederschriften vom 14.10.2011, 18.09.2013 und 11.12.2013 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsprotokolle vom 14.10.2011, 18.09.2013 und 11.12.2013 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
I. Der Kläger hat zulässigerweise Leistungsklage auf Zustimmung zur Inhaltsänderung (§§ 873, 877 BGB) dem im Grundbuch eingetragenen Geh- und Fahrtrechts erhoben.
II. Der materiell-rechtliche Anspruch des Klägers folgt aus § 1023 BGB.
1. Ausübung auf einem Teil des Grundstücks
Da der Kläger nach Verschmelzung der bisherigen Flurstück Nr. 104/5 mit Flurstück Nr. 104/1 die Verlegung des bisher bestimmten Ausübungsbereichs des Geh- und Fahrtrechts innerhalb des belasteten Grundstücks Flurstück Nr. 104/1 begehrt, findet die Vorschrift des § 1023 BGB direkte Anwendung.
2. Besondere Beschwerlichkeit der bisherigen Ausübung
Für den Verpflichteten ist die Ausübung am bisherigen Ort besonders beschwerlich, wenn sie erhebliche Nachteile und nicht nur bloße Unannehmlichkeiten mit sich bringt. Hierbei kommt es nach allgemeiner Meinung – entgegen der Ansicht des Beklagtenvertreters – nicht darauf an, ob die Nachteile von Anfang an bestanden haben oder erst nachträglich eingetreten sind (vgl. MüKo/Hoost, § 1023, Rn. 4; Staudinger/Mayer, Rn. 12, Soergel/Stürner, Rn. 3). Dies folgt nicht zuletzt auf dem Normzweck, eine wirtschaftlich sinnvolle Ausnutzung des Grundstücks zu ermöglichen (Mot. III S. 485; Prot. III S. 315).
Hier bestehen nach Auffassung des Gerichts derartige Nachteile, die über die allgemeine Beschwerlichkeit, die jeder Grunddienstbarkeit immanent ist, deutlich hinausgehen.
Das bisher vereinbarte Geh- und Fahrtrecht zerteilt nicht nur das dienende Grundstück in zwei Hälften, vielmehr ist auch die vorhandene Wohnbebauung des Klägers konkret berührt, da die Zufahrt zwischen Wohngebäude und Nebengebäude des Klägers hindurchführt, wo mit entsprechendem Durchgangsverkehr (mit einer zwischen den Gebäuden erhöhten Schallentwicklung) zu rechnen ist, dessen Intensität derzeit mangels Bebauung des herrschenden Grundstücks noch nicht absehbar ist. Die Beeinträchtigung des Klägers durch diesen Verlauf der Zufahrt hat sich – wie ein Vergleich von Anlagen K 5 und B 1 zeigt – nach Einräumung der Grunddienstbarkeit dadurch verschärft, dass 1989/1990 ein Anbau an das klägerische Wohngebäude vorgenommen wurde, so dass nunmehr die vereinbarte Zufahrt unmittelbar am Haus vorbeiführt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass eine Bebauung des herrschenden Grundstücks geplant ist, so dass – wenn auch zeitlich befristet – sämtlicher Bauverkehr zwischen den Gebäuden hindurch- und unmittelbar am Wohngebäude vorbeigeleitet werden müsste.
Zudem wäre ein Ausbau der Zufahrt in der derzeit vereinbarten Form nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. … nur zu verwirklichen, wenn erhebliche Eintiefungen bzw. Aufschüttungen auf dem Grundstück des Klägers vorgenommen würden, um die vorhandenen beiden Geländesprünge (zwischen Schönblickstraße und Hoffläche des Klägers sowie im weiteren Verlauf der Fahrt im Bereich der Böschung) zu überwinden (Gutachten S. 6; Protokoll vom 18.09.2013, S. 3; hierzu im Einzelnen unter Ziff. 3). Dies würde aber nicht nur zu einer deutlichen optischen Veränderung des klägerischen Grundstücks, sondern u.U. auch zu einer Beeinträchtigung der Nutzbarkeit seiner Garage, also zu einem Eingriff in den geschützten Bestand seines Eigentums führen. Im Hinblick auf diesen Nachteil lässt sich insbesondere nicht einwenden, dass es sich um einen dem Kläger bzw. dessen Rechtsvorgänger bei Bestellung der Grunddienstbarkeit bekannten und damit unbeachtlichen Nachteil handelt; vielmehr kommt es nach den eingangs gemachten Ausführungen für den Anspruch aus § 1023 BGB nicht darauf an, ob die Nachteile schon anfänglich bestanden oder erst nachträglich eingetreten sind.
3. Ebenso geeignete andere Stelle
Die neue Ausübungsstelle muss wirtschaftlich gleichwertig sein und dem Berechtigten im Wesentlichen die gleichen Vorteile und Annehmlichkeiten bieten. Dagegen muss der Berechtigte geringfügig Unbequemlichkeiten, etwa einen kleineren Umweg, in Kauf nehmen (MüKo, aaO, Rn. 5 m.w.N.).
Das Gericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere der sachverständigen Bewertung des Sachverständigen Prof. …, davon überzeugt, dass der beantragte neue Ausübungsbereich des Geh- und Fahrtrechts ebenso geeignet ist.
Die neue am Rand des dienenden Grundstücks gelegene Zufahrt weist insgesamt ein sehr viel geringeres Gefälle auf. Während das derzeit beurkundete Geh- und Fahrtrecht bei einem dem Gelände möglichst angepassten Verlauf im Bereich der Böschung eine Längsneigung von 41 % aufweisen würde (Anlage 10 des Sachverständigengutachtens), hätte ein geländeangepasster Verlauf der neuen Trasse nur eine Längsneigung von 18 % (Anlage 12 des Gutachtens). Geht man davon aus, dass gemäß Ziffer 4.2.4 Neigungen in DIN 14090 Zufahrten zu Grundstücken aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bis zu maximal 10% geneigt sein dürfen, könnte dies nach den Ausführungen des Sachverständigen bei der neuen Trasse durch eine Eintiefung bzw. Aufschüttung des Geländes von 1,82 m am Anfang bzw. Ende der Fahrt erreicht werden (GA S.9), während dies auf der Fläche des bestehenden Geh- und Fahrtrechts nach der Einschätzung des Sachverständigen mit vertretbarem technischen und wirtschaftlichen Aufwand nicht möglich ist (FA S. 7). Vielmehr würde schon die Herstellung einer Längsneigung von 15% (die unter sicherheitsrechtlichen Gesichtspunkten ohnehin noch zu hoch wäre) erhebliche Abgrabungen von maximal 2,23 m voraussetzen, die eine Absicherung des Wohngebäudes mit Stützmauern erfordern und die Zufahrt des Klägers zu seiner Garage erheblich einschränken bzw. unmöglich machen würde (GA S. 6). Darüber hinaus ist die Ausübung des bestehenden Geh- und Fahrtrechts mit einem großen LKW wegen der vorhandenen Verengung im Bereich der nordöstlichen Ecke des Wohngebäudes nicht möglich, zudem ist die vorhandene Fläche nach Ziffer 4.2.1 der DIN Vorschrift 14090 bei einem Feuerwehreinsatz nicht ausreichend (GA S. 5). Bei der neuen Trasse ist hingegen nunmehr auch die Einfahrt von der Schönblickstraße so gestaltet, dass auch größere (dreiachsige) Fahrzeuge die Kurve passieren können.
Aus den vorstehenden Ausführungen ist ersichtlich, dass der Verlauf der neuen Trasse nicht nur wirtschaftlich gleichwertig, sondern tatsächlich unter den genannten Gesichtspunkten höherwertig ist, insbesondere sich eine ordnungsgemäße Erschließung und die geplante Bebauung des herrschenden Grundstücks letztlich nur über die neue Trasse verwirklichen lässt, da große LKW oder Baufahrzeuge die bisher vorgesehene Zufahrt wegen der vorhandenen Engstelle und der erheblichen Längsneigung nicht befahren können. Weiter ist nach den Ausführungen des Sachverständigen offenkundig, dass sich einzig die neue Trasse baulich mit technisch und wirtschaftlich vertretbarem Aufwand verwirklichen lässt (GA S. 7), während sich der Ausbau der bisher vorgesehenen Trasse nur unter Eingriff in den Bestand des Eigentums des Klägers durch Geländeeintiefungen (die die Nutzung der Garage erheblich einschränken bzw. ganz ausschließen würde) oder erhebliche Aufschüttungen (die die im Schriftsatz vom 28.05.2013 vorgeschlagene Garagenlösung nebst Eintiefungen im Hofraum erfordern würde, Protokoll vom 18.9.2013, S. 3) umsetzen lässt, weshalb auch eine Anpassung des bestehenden Geh- und Fahrtrechts (vgl. Schriftsatz vom 28.05.2013) ausscheidet. Abgesehen davon sind die hierfür ursächlichen örtlichen Gegebenheiten, nämlich die beiden Geländesprünge, seit der Bestellung der Dienstbarkeit unverändert, eine Anpassung kommt aber nur bei nachträglicher Veränderung der bei Vertragsausschluss gegebenen Verhältnisse in Betracht.
Aufgrund der Aussage des Zeugen … (Protokoll von 11.12.2013) ist auch davon auszugehen, dass die neue Trasse von Seiten der Gemeinde Bergen genehmigt würde, eine entsprechende Absicht wurde anlässlich der Gemeinderatssitzung vom 21.11.2013 ausdrücklich erklärt (vgl. Anlage zum Protokoll vom 11.12.2013). Soweit beklagtenseits hier auf etwaige baugenehmigungsrechtliche Unsicherheiten verwiesen wird, ist im Hinblick auf den hier anzuwendenden Maßstab der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit darauf hinzuweisen, dass diese Unsicherheiten einer baulichen Umsetzung der alten Trasse erst recht entgegenstünden.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Berechtigten auch bisher kein ausgebauter Zufahrtsweg zur Verfügung stand, die Ausübung des beurkundeten Geh- und Fahrtrechts vielmehr einen Abtrag der Stützmauer zwischen der höher gelegenen Schönblickstraße und dem Niveau der Hoffläche erfordert hätte (GA S. 5), was tatsächlich nicht erfolgt ist. Die Beklagte kann somit nicht einwenden, die neue Trasse sei schon deshalb wirtschaftlich nachteilig, weil diese im Gegensatz zur alten erst ausgebaut werden müsse. Vielmehr ist die als Alternativtrasse beantragte Wegführung nach dem beklagtenseits unbestrittenen Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 24.04.2012 bereits befestigt. Auch Mehrkosten durch die neue Trassenführung lassen sich gegenwärtig nicht feststellen (Protokoll vom 18.09.2013, S. 4), vielmehr ist nach den Ausführungen des Sachverständigen jedenfalls der technische Aufwand zur Umsetzung des bisherigen Geh- und Fahrtrechts im Vergleich zum neuen Verlauf deutlich höher.
Auch die übrigen, von der Beklagten eingewandten Nachteile erweisen sich im Ergebnis als nicht stichhaltig: Wie aus der dem Urteil beigefügten Anlage ersichtlich ist, hat der PKW-Abstellplatz nach wie vor eine rechteckige und nicht etwa rhombenförmige Form; eine Verschiebung aus das herrschende Grundstück findet ersichtlich ebenfalls nicht statt. Soweit eine Erschwernis aufgrund eines auf die neue Fahrt auftreffende Waldweges behauptet wurde, wurde die Existenz einer solchen Zufahrt klägerseits bestritten (Schriftsatz vom 16.08.2011) und beklagtenseits nicht unter Beweis gestellt. Auch die behauptete Erschwerung der Garagenzufahrt wurde nicht substantiiert unter Vorlage geeigneter Pläne dargestellt; im Übrigen weist die Klagepartei zurecht darauf hin, dass die Errichtung einer Garage auf der Fläche des PKW-Abstellplatzes unzulässig sein dürfte, da das beurkundete Geh- und Fahrtrecht einen Abstellplatz und gerade keine bauliche Anlage in Form einer Garage vorsieht.
Der beklagtenseits eingewandte längere Fahrweg sowohl auf der öffentlichen Schönblickstraße als auch auf der eigentlichen Zufahrtsstraße ist als kleinere Unannehmlichkeit demgegenüber hinzunehmen. Gleiches gilt für die möglicherweise etwas höheren Unterhaltungskosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung angesichts der oben dargelegten Vorteile hinsichtlich Erschließung und Bebaubarkeit des herrschenden Grundstücks im Falle der Verlegung des Geh- und Fahrtrechts im Rahmen einer Abwägung (BGH WM 1963, 483) in den Hintergrund treten.
4. Kein Zurückbehaltungsrecht
a) Ein Zurückhaltungsrecht unter Berufung auf die Kosten der Verlegung kann die Beklagte dem klägerischen Anspruch nicht entgegenhalten, da der Beklagte kein fälliger, sondern allenfalls ein künftiger Gegenanspruch hinsichtlich der Verlegungskosten zusteht. Zwar wäre es für die Bejahung eines Zurückbehaltungsrechts ausreichend, wenn der Gegenanspruch mit Erbringung der geschuldeten Leistung entsteht und fällig wird (vgl. Palandt, § 273, Rn. 7 m.w.N.); auch dies ist hier allerdings nicht der Fall, da die behaupteten Verlegungskosten in Höhe von 23.152,95 Euro, auf die die Beklagte ihr Zurückhaltungsrecht stütz, nicht bereits mit der begehrten Zustimmung zur beantragten Verlegung entstehen, sondern vielmehr erst im Falle eines möglichen, aber keineswegs zwingend durchzuführenden künftigen Ausbaus der Zufahrtsstraße.
b) Abgesehen davon wäre die geltend gemachten Kosten auch nicht vom Kläger zu tragen.
Die Kosten der Verlegung i.S.d. § 1023 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB umfassen alle Aufwendungen, die dem Berechtigten durch die Einstellung der Nutzung an der bisherigen Stelle und durch etwa erforderliche Einrichtungen zur Ausübung des Rechts an der neuen Stelle erwachsen (Beck-OK, § 1023, Rn. 10).
Im bisherigen Ausübungsbereich wurde eine befestigte Zufahrt und ein Pkw-Abstellplatz bis heute nicht angelegt; dies würde ausweislich der Anlage K 8 und der als Anlage K 1 vorgelegten Lichtbilder eine teilweise Entfernung der entlang der Schönblickstraße errichteten Natursteinmauer und des darauf befindlichen Zaunes (Lichtbild 1 und 3 von Anlage K 1) sowie eine Weiterführung der Zufahrt entlang des Hauses mit dem dort anzutreffenden erheblichen Gefälle erfordern, was tatsächlich niemals baulich umgesetzt wurde. Die Einstellung der Nutzung an der bisherigen Stelle verursacht damit keine Kosten.
Auch die Kosten der erstmaligen Einrichtung des Geh- und Fahrtrechts an der neuen Stelle treffen hier im Ergebnis nicht den Kläger, sondern den Berechtigten, also die Beklagte, da diese Kosten nicht infolge der Verlegung anfallen, sondern ohnehin beim erstmaligen Ausbau der Zufahrt (an welcher Stelle auch immer) angefallen wären. Insoweit sieht der zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien geschlossene Vertrag gerade keine Regelung vor, wonach die Ausübung des Geh- und Fahrtrechts durch Baumaßnahmen auf die Kosten der Klagepartei zu ermöglichen ist; somit sind die Kosten von Ausbaumaßahmen, die im ausschließlichen Interesse des Berechtigten erfolgen, auch von diesem selbst zu tragen.
Ein Widerspruch zu der beklagtenseits zitierten Rechtsprechung, wonach zu den Kosten der Verlegung auch die Kosten für die Herstellung einer anderen Einrichtung gehören, welche aufgrund der Verlegung notwendig sind (BGH WM 1976,274), liegt hierin nicht. Denn wie bereits ausgeführt fallen Herstellungskosten hier nicht aufgrund der Verlegung, sondern vielmehr deshalb an, weil eine Zufahrt erstmals hergestellt werden muss.
Eine Kostenlast des Klägers käme somit allenfalls für etwaige Mehrkosten in Betracht, die eine Herstellung der Zufahrt an der neuen Stelle verursachen könnte; jedoch wurde beklagtenseits nicht konkret vorgetragen bzw. beziffert, dass und in welcher Höhe die Einrichtung der Zufahrt an der neuen Stelle Mehrkosten im Vergleich zur Einrichtung an der alten Stelle verursachen würde. Zudem wurde ein derartiger Mehraufwand klägerseits bestritten.
Ein Zurückbehaltungsrecht kommt daher unter keinem Gesichtspunkt in Betracht, so dass eine uneingeschränkte Verurteilung auszusprechen war.
III. Die Nebenforderung ist ebenfalls begründet. Die Verpflichtung zum Ersatz der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.176,91 EUR folgt aus §§ 286, 288 BGB. Verzug ist durch Ablauf der im Aufforderungsschreiben des Klägers vom 8.03.2011 gesetzten Frist bis 15.03.2011 eingetreten, so dass die Kosten der nachfolgenden anwaltlichen Tätigkeit des Klägervertreters als Verzugsschaden zu ersetzen sind. Dieser Schaden wurde mit Schreiben vom 11.05.2011 (Anlage K 7) beziffert; mit Schreiben vom 27.05.2011 (Anlage K 3) wurde eine letzte Frist zur Bezahlung bis zum 3.06.2011 gesetzt, weshalb die Forderung ab dem 4.06.2011 zu verzinsen ist.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 BGB.
gez.
Dr. Winner
Richterin am Landgericht
Verkündet am 22.01.2014
gez.
Keferstein, JOSekr
Urkundesbeamter der Geschäftsstelle
Landgericht Traunstein
Az.: 1 HK O 3566/12
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtstreit
…
- Klägerin –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Rudholzner & Coll., Ludwigstraße 22 b, 83278 Traunstein, Gz.: 78/2012
gegen
…
- Beklagter -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Forster Michael, Ritter-Tuschl-Str. 10, 94501 Aldersbach, Gz.: 71284-Fo-12
wegen Unterlassung
erlässt das Landgericht Traunstein -1. Kammer für Handelssachen- durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Bauer auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2013 folgendes
Endurteil
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 3 Jahren, zu unterlassen, werbende Maßnahmen unter der Verwendung der Klägerin als Begünstigte von Sozialsponsoring durcfhzuführen.
II. Die Beklagte wird ferner verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehend unter Ziffer I bezeichneten Handlungen begangen hat, wobei die Angaben nach Landkreis, Adressarten und Zeitangabe des Abschlusses des Sozialsponsoringvertrages in 2012 aufzuschlüsseln sind.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend unter Ziffer I bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
IV. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 638,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich seit dem 01.0.2012 zu bezahlen.
V. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
VI. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Unterlassungs- und Auskunftsansprüche geltend.
Die Klägerin betreibt eine Einrichtung für Menschen mit Behinderungen. Die Beklagte betreibt ein Sozialsponsoring-Unternehmen. In diesem Rahmen stellt sie caritativen und sozialtätigen Einrichtungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit kostenlos Fahrzeuge zur Verfügung. Hierfür wird von der Beklagten zunächst Kontakt zu einer Einrichtung hergestellt. Wenn diese Interesse am Angebot der Beklagten hat, wird der Beklagte von der jeweiligen Einrichtung eine Bestätigung ausgestellt, dass die Beklagte im Namen der Einrichtung Sponsoren werben darf. Im Anschluss daran werden von den Angestellten der Beklagten die Unternehmen im Wirkungsbereich der Einrichtung telefonisch kontaktiert, das Konzept dem Unternehmen kurz dargelegt und gefragt, ob generelles Interesse an einem entsprechenden Sponsoring bestehe. Bei positiver Resonanz wird ein Termin vereinbart, in welchem der Inhaber der Beklagten das Projekt dem Interessenten persönlich vorstellt.
Im Jahr 2012 suchte die Beklagte Sponsoren für einen Bus, dessen Nutznießer die …, sozialtherapeutische Einrichtung, … sein sollte, und welcher dort stationiert war. Die Beklagte nahm zu diesem Zweck u. a. mit der –Bank-, und dem –Bauunternehmen-, Kontakt auf.
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe bei diesen potentiellen Sponsoren mit der Falschbehauptung geworben, der von ihr über Werbebanner finanzierte Bus käme der Behinderteneinrichtung der Klägerin zugute. Tatsächlich komme die Werbemaßnahme unter Verwendung der akquirierten Sponsorengelder allein und ausschließlich der … zugute, welche mit der Klägerin weder gesellschaftsrechtlich verbunden sei, noch personenidentisch geführt werde.
Insbesondere habe der Inhaber der Beklagten bei einem Besprechungstermin mit dem Prokuristen des Bauunternehmens, dem Zeugen …, den Eindruck erweckt, dass Nutznießerin des Sozialsponsorings die Klägerin sei. Erst, nachdem dem … der Sozialsponsoringvertrag vom 12.07.2012 (Anlage K 1) ausgehändigt worden sei, habe man festgestellt, dass nicht die Klägerin, sondern die …, Nutznießer dieser Vereinbarung sein sollte.
Darüber hinaus habe der Beklagten in einem persönlichen Gespräch mit dem Vorstand der Bank …, wahrheitswidrig behauptet, der Bus mit den Werbeaufschriften komme der Klägerin zugute und sei auf dem Gelände der Klägerin in Piding stationiert.
Die Klägerin behauptet, die wahrheitswidrigen Behauptungen des Beklagten würden einen rechtswidrigen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin und eine Leistungserschleichung gegenüber den Sponsoren darstellen. Der Ruf der Klägerin werde in Misskredit gebracht, da die Sponsoren die Klägerin als Auftraggeberin ansähen und sich von ihr getäuscht fühlten. Die Reputation der Klägerin sei aber für die Auftragserteilung der regionalen Wirtschaft an die Klägerin eminent wichtig. Die Rufschädigung sei auch deshalb negativ, weil eigene Maßnahmen der Klägerin fruchtlos bleiben bzw. von interessierten Sponsoren mit dem Argument abgewiesen würden, sie würden ja bereits ein Werbebanner auf dem in Aussicht gestellten Fahrzeug finanzieren.
Sie habe daher ein rechtliches Interesse daran, sämtliche Kunden im Berchtesgadener Land anzuschreiben, auf diesen Umstand hinzuweisen und dies richtigzustellen. Sie sei auf stetige Aufträge aus der Wirtschaft angewiesen, um ihre Produktionsanlagen auslasten zu können. Ihr stehe gegen den Beklagten daher ein Unterlassungs-, ein Auskunfts- und ein Schadensersatzanspruch zu. Die Wiederholungsgefahr bestehe schon deswegen, weil die Sponsoring-Aktion für den betroffenen Bus noch nicht angeschlossen sei, also weitere Werbekunden gewonnen werden müssten. Darüber hinaus sei die Beklagte zum Schadensersatz in Bezug auf die außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 638,00 EUR netto verpflichtet. Auf die Anlage K 3 (Blatt 12 a) wird Bezug genommen
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, eine unzulässige Werbung sei nicht erfolgt. Der Inhaber der Beklagten, …, habe zu keinem Zeitpunkt erklärt, dass das Fahrzeug der Klägerin zugutekomme. Vielmehr habe er jeweils unter Vorlage des Schreibens der … (Anlage B1, Blatt 22) darauf hingewiesen, dass Begünstigte des Fahrzeugs die …, sozialtherapeutische Einrichtung für Behinderte, sei. Im Übrigen habe der Geschäftsführer der …, …, an alle Werbepartner ein Schreiben übersandt (Anlage B1, Blatt 37), um sich für die Teilnahme an der Finanzierung des Pkws zu bedanken, und um nochmals ausdrücklich klarzustellen, dass es sich um eine Maßnahme zugunsten des … handelte. Ein Interesse der Klägerin an Auskunftserteilung bestehe daher nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeugen … und …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 15.02.2013 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage erweist sich als sachlich begründet.
Die Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche der Klägerin ergeben sich aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog. Die wahrheitswidrige Behauptung der Beklagten, bzw. ihres Inhabers …, gegenüber potentiellen Sponsoren im Landkreis Berchtesgadener Land dahingehend, Nutznießer des Sozialsponsorings sei die in diesem Landkreis ansässige Klägerin, während das Sozialsponsoring tatsächlich der im Landkreis Traunstein ansässigen … zugutekommen sollte, stellt einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin dar.
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Inhaber der Beklagten bei seinen Gesprächen sowohl in der Bank als auch in der Baufirma unrichtige Angaben hinsichtlich des Nutznießers des Sponsorings gemacht hat, bzw. unrichtige Vorstellungen seiner Gesprächspartner nicht korrigiert hat.
Der Zeuge …, Vorstand der Bank, hat insoweit glaubhaft und glaubwürdig ausgesagt, der Inhaber der Beklagten sei zu ihm ins Büro gekommen, es sei um Werbemaßnahmen auf einem Bus gegangen. Er habe erklärt, dass die Bank nur Werbung in ihrem Geschäftsbezirk mache, das seien die Gemeinden Anger und Piding. Daraufhin habe ihm der Inhaber der Beklagten erklärt, dass der Bus in diesem Bereich unterwegs sei und bei der Klägerin stationiert sei. Er habe daraufhin gesagt, dass sich die Bank das überlegen werde. Es sei dann aber zu keinem Geschäftsabschluss gekommen. Er habe zufällig mit …, dem Geschäftsführer der Klägerin, und …, dem Vorsitzenden der Klägerin, darüber gesprochen und gefragt, ob die Klägerin einen neuen Bus bekomme. Das sei verneint worden. Für ihn sei die Sachlage klar gewesen. Es sei kein Vertrag unterschrieben worden.
Der Zeuge hat auf Vorhalt glaubhaft erklärt, das Schreiben der … vom 10.05.2012 (Anlage B 1) sei ihm nicht bekannt. Es sei ihm bei diesem Gespräch mit dem Inhaber der Beklagten nicht vorgelegt worden. Bei diesem Gespräch sei es nur, d. h. ausschließlich um die Einrichtung der Klägerin gegangen. Wenn ihm eine solche Bestätigung der … vorgelegt worden wäre, hätte er dem Inhaber der Beklagten gesagt, dass ihn das nicht interessiert, weil die Bank nur an Werbung in ihrem Geschäftsbezirk interessiert war. In diesem Gespräch sei das … überhaupt nicht erwähnt worden.
Der Zeuge …, Bauleiter bei der Baufirma…, hab ebenso glaubhaft und glaubwürdig angegeben, er sei von einer Assistentin der Beklagten angerufen worden und gefragt worden, ob die … bei einer Werbung für die Klägerin mitmachen wolle. Er habe daraufhin erwidert, dass die … auf jeden Fall bei einer Werbung mitmache, insbesondere deshalb, weil sie gerade einen Auftrag von der Klägerin bekommen hatte. Es sei dann ein Termin mit dem Inhaber der Beklagten vereinbart worden. Dieser habe das dann so erklärt, dass für die Behinderten ein neuer Bus angeschafft werde und ihm dann auch gezeigt, wo die Werbung platziert werde. Er, der Zeuge, habe daraufhin gesagt, gut, wenn der Bus bei „uns“ im Gebiet ist, dann sei er damit einverstanden. Er sei bei diesem Gespräch nicht darauf hingewiesen worden, dass der Bus in einem ganz andern Einsatzgebiet unterwegs sein würde. Auch die Bestätigung der … vom 10.05.2012 (Anlage K 1, Blatt 9) habe er noch nie gesehen. Für ihn sei ausschlaggebend gewesen, dass die … ausschließlich für die Klägerin etwas mache, weil die Firma von dieser Einrichtung einen Auftrag bekommen habe und deshalb als Gegenleistung auch mitmachen wollte.
Aufgrund der glaubhaften Angaben der Zeugen … und … geht das Gericht davon aus, dass der Inhaber der Beklagten den Zeugen gegenüber wahrheitswidrig angegeben hat, das Sozialsponsoring betreffe die Einrichtung der Klägerin. Der Grund hierfür liegt offensichtlich darin, dass er befürchtete, keine Werbeaufträge zu erhalten, wenn er den tatsächlichen Nutznießer bekannt geben würde. Für diese Annahme spricht insbesondere der Umstand, dass auf dem Auftragsformular der Beklagten (Anlage K 1) als Begünstigter der Werbung lediglich „…“ angegeben ist und nähere Angaben wie Rechtsform und Anschrift fehlen. Der Geschäftsführer der Klägerin hat insoweit glaubhaft angegeben, auch die Klägerin habe Heime, die einen ähnlichen Namen wie „…“ haben. Es gebe im Bereich der Klägerin etwa sechs verschiedene Einrichtungen, die sich als „Wohnhaus“ bezeichnen, so z. B. das „Wohnhaus Freilassing“ und das „Wohnhaus Teisendorf“.
Nachdem die Beklagte trotz Aufforderung durch die Klägerin die gewünschte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat, besteht Wiederholungsgefahr.
Nachdem aufgrund des Verhaltens der Beklagten zu befürchten ist, dass eigene Maßnahmen der Klägerin fruchtlos bleiben bzw. die Klägerin von interessierten Sponsoren mit dem Argument abgewiesen werde, sie würden ja bereits ein Werbebanner auf dem in Aussicht gestellten Fahrzeug der … finanzieren, besteht auch ein Interesse der Klägerin an Auskunft, welche Firmen von dem Beklagten in Bezug auf dieses Sponsoring angesprochen wurden. Nicht ausreichend ist insoweit das Schreiben der … vom Oktober 2012 (Anlage B 2, Blatt 37).
Die Klägerin hat darüber hinaus unter dem Gesichtspunkt des Verzugs Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 638,00 € (§§ 280, 286 BGB).
Die Ordnungsmittelandrohung beruht auf § 890 ZPO.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
gez.
Bauer
Vorsitzende Richterin am Landgericht
Verkündet am 22.03.2013
gez. Bohlmann, Jang
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle