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Amtsgericht
Mühldorf a. Inn
Az.: 1 C 724/10
Im
Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
….,
vertreten durch d. geschäftsführenden Gesellschafter ….
-Klägerin
u. Widerbeklagte-
Prozessbevollmächtigte:
RAe
Rudholzner & Coll., Ludwigstr. 22 b, 83278 Traunstein, Gz.: 57/2010
gegen
….
-Beklagter
u Widerkläger-
Prozessbevollmächtigte:
RA
Grönemayer, Stadtplatz 23-25, 84453 Mühldorf
wegen
Forderung
erlässt
das AG Mühldorf a. Inn durch den Richter am AG Beier am 23.10.2012 auf Grund
der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2012 folgendes
Endurteil
1.
Der
Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.067,15 € und 5,11 € vorgerichtliche
Mahnauslagen mit jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit 13.08.2012 zu bezahlen.
2.
Die
Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt,
an den Beklagten und Widerkläger 335,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.02.2011 zu bezahlen.
3.
Im
Übrigen werden Klage und Wiederklage abgewiesen.
4.
Von
den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/10 und trägt der Beklagte
9/10.
5.
Das
Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung
iHv. 110 Prozentpunkten des zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die
Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung iHv. 110 Prozent des zu vollstreckenden
Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der
geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin, …., ist als Rechtsanwalt für den
Beklagten in dessen familienrechtlichen Auseinandersetzung mit seiner Ehefrau
vorgerichtlich und gerichtlich als Anwalt tätig gewesen; die Beauftragung
erfolgt im Rahmen eines Gesprächs im Oktober 2009.
Sein vorgerichtliches
Tätigwerden stellte Rechtsanwalt …. wie folgt in Rechnung:
·
16.11.2009,
Angelegenheit Kindesunterhalt: 603,93 €
·
21.12.2009,
Angelegenheit Umgangsrecht: 791,17 €
·
11.01.2010,
Angelegenheit Ehegattenunterhalt: 837,52 €
Diese Gebührenrechnungen
hat der Beklagte in voller Höhe beglichen.
Für
das anwaltliche Tätigwerden im gerichtlichen Verfahren vor dem AG Mühldorf,
Az.: 2 F 729/09, berechnete RA …. aus dem vom Gericht festgelegten Streitwert
iHv. 17.786,00 € mit Schreiben vom 18.03.2010 anwaltliche Gebühren mit einem Gesamtbetrag
von 2.201,14 €. Diesen Vergütungsanspruch (zuzüglich 5,11 € Mahnauslagen) macht
die Klägerin mit der Klage geltend, da insoweit der Beklagte bislang keine
Zahlung geleistet hat.
Die
Klägerin vertritt im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beklagtenpartei die Meinung,
dass die vorgerichtlichen Gebührenabrechnung hinsichtlich Kindesunterhalt und
Ehegattenunterhalt als getrennte Abrechnung zutreffend gewesen seien, da es
sich nicht um eine Angelegenheit, sondern um verschiedene Angelegenheiten gem.
§ 17 I Nr. 3 RVG von 341,90 € auf 454,50 € erhöhen würde. Der
Vergütungsanspruch würde sich dann auf 2.067,15 € reduzieren.
Die
Klägerin trägt weiter vor, dass RA …. im Rahmen seines Mandatsverhältnisses mit
dem Beklagten nicht verpflichtet gewesen wäre, für seinen Mandanten einen Antrag
auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu stellen oder ihn auf die Möglichkeit
von Prozesskostenhilfe hinzuweisen. Denn unter Berücksichtigung der dem beauftragten
RA bekannten und offen gelegten Vermögensverhältnisse habe dazu keine
Veranlassung bestanden: Der Beklagte habe über ein regelmäßiges Einkommen aus
nichtselbstständiger Tätigkeit und über Mieteinnahmen verfügt, habe ein
werthaltiges Aktiendepot gehabt sowie ein Bausparguthaben und eine
fremdvermietete Eigentumswohnung. Die Höhe der Belastung dieser
Eigentumswohnung durch Kreditverpflichtung sei nicht bekannt gewesen,
augenfällig in diesem Zusammenhang sei aber gewesen, dass der Beklagte
Schuldzinsen bezüglich der fremdvermieteten Immobilie nicht
einkommenssteuermindernd in seiner Steuererklärung angegeben habe. Auch sei bei
der Besprechung im Rahmen der Mandatserteilung in Anwesenheit des Vaters des
Beklagten nicht die Rede davon gewesen, dass der Beklagte in schwierigen finanziellen
Verhältnissen sei und sich deswegen Hinweise auf eine Beantragung von
Prozesskostenhilfe ergeben hätte.
Die
Klägerin beantragt:
Der
Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.206,25 € nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz aus 2.201,14 € seit 21.04.2010 und aus 5,11 € seit
Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der
Beklagte beantragt:
Die
Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
Der
Beklagte erhebt Widerklage mit dem Antrag:
Der
Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger
2.212,62 € nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
der Widerklage zu bezahlen.
Hinsichtlich
der Widerklage beantragt die Klägerin:
Die
Widerklage wird kostenpflichtig abgewiesen.
Die
Beklagtenpartei vertritt hinsichtlich der vorgerichtlichen Abrechnung die Auffassung,
dass es sich bezüglich Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt um eine Angelegenheit
handle und deswegen die von der Klägerin vorgenommenen getrennten Abrechnungen
der Höhe nach unrichtig seien. Bezüglich der hilfsweisen Neuberechnung seitens
der Klägerin vertritt die Beklagtenpartei die Auffassung, dass eine Anhebung
der Gebühr von 1,3 auf 1,5 nicht möglich wäre.
Die Beklagtenpartei
trägt vor, dass die Klägerin deswegen keinen Gebührenanspruch habe und bereits
geleistete Zahlungen zurückzahlen müsse, da der beauftragte RA auf Grund der
Kenntnis der finanziellen Situation des Beklagten verpflichtet gewesen wäre,
Prozesskostenhilfe zu beantragen, die dem Beklagten dann auch bewilligt worden
wäre. Dies hätte im Ergebnis dazu geführt, dass der Beklagte keine Gerichtsgebühren
und keine Anwaltsgebühren für das gerichtliche Verfahren hätte bezahlen müssen
und für die vorgerichtliche Tätigkeit des RA …. der Beklagte lediglich 20,00 €
als Zuzahlung für Beratungshilfe hätte leisten müssen.
Der
Beklagte legt in diesem Zusammenhang dar, dass bereits in der Mandatsbesprechung
im Oktober 2009 der Beklagte in Anwesenheit seines Vaters auf seine sehr
angespannte Vermögenssituation hingewiesen habe und erklärt hätte, er könne
sich hohe anwaltliche Kosten nicht leisten. Die Reaktion des beauftragten RA
sei gewesen „Das kriegen wir schon“.
Nach
Auffassung des Beklagten sei dem beauftragten RA … die bedrängende Vermögenssituation
bekannt gewesen, insbesondere, dass die fremdfinanzierte Eigentumswohnung
überbelastet gewesen sei und deswegen zur Finanzierung von Gerichtskosten und
Anwaltsgebühren nicht hätte weiter belastet werden können und das übrige
Einkommen des Beklagten die Schongrenze im Rahmen der PKH-Bewilligung nicht
überschritten hätte. Dem Guthaben auf dem Aktiendepots sei ein doppelter
Sollstand auf dem Girokonto des Beklagten gegenüber gestanden und das
Bausparguthaben sei zur Finanzierung der Eigentumswohnung an die Kredit
gegebene Bank verpfändet gewesen. Aus allen diesen Umständen hätten sich für
den beauftragten RA Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er den Beklagten auf die
Möglichkeit von Prozesskostenhilfe hätte hinweisen und diesen beantragen
müssen.
Wegen
Verletzung dieser anwaltlichen Beratungs- und Fürsorgepflicht sei der Beklagte
nicht verpflichtet, weiteres Anwaltshonorar an die Klägerin zu bezahlen und
könne die bereits geleisteten Honorarvergütungen zurückfordern.
Das Gericht
hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen … und durch Erholung eines
Gutachtens des Vorstandes der RA-Kammer München.
Entscheidungsgründe:
Die
zulässige Klage ist weitgehend begründet, die Widerklage ist überwiegend unbegründet.
1.
Die
Klägerin hat gegen den Beklagten einen Vergütungsanspruch iHv. 2.067,15 €; §§
611 Abs. 1, 612 Abs. 2 BGB.
1.
Unstreitig
war der geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin vom Beklagten zu seiner
Vertretung auch im gerichtlichen Verfahren wegen Kindesunterhalt und
Ehegattenunterhalt beauftragt. Das Mandatsverhältnis wurde begründet im Oktober
2009; im gerichtlichen Verfahren 2 F 729/09 vor dem AG Mühldorf begann die
anwaltliche Tätigkeit des beauftragten RA am 18.12.2009 mit der Aufforderung
zur Klageerwiderung. Das Mandatsverhältnis wurde beendet im März 2010; den
Vergütungsanspruch machte die Klägerin mit Rechnung vom 18.03.2010 gegenüber
dem Beklagten geltend.
Unstreitig
hat der beauftragte RA …. für den Beklagten keine Prozesskostenhilfe beantragt
und diesen nicht auf die Möglichkeiten von Prozesskostenhilfe hingewiesen.
2.
Der
von der Klägerin für das gerichtliche Tätigwerden geltend gemachte Gebührenanspruch
ist mit der Ausnahme der anzurechnenden Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG iHv.
341,90 € dem Grunde nach und der Höhe nach richtig. Die anzurechnende Geschäftsgebühr beträgt
richtig 454,40 €. Denn nach dem Gutachten des Vorstandes der RA-Kammer München
vom 27.04.2012 handelt es sich bei dem vorgerichtlichen Tätigwerden des
beauftragten RA in Sachen Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt um eine
Angelegenheit mit mehreren Gegenständen, so dass eine Wertaddition gem. § 22
Abs. 1 RVG stattzufinden hat. Damit erweisen sich die von der Klägerin am
16.11.2009 und 11.01.2010 vorgenommen getrennten Abrechnung als unrichtig;
zutreffend ist vielmehr eine einzige Abrechnung auf dem vom Gericht
festgesetzten Streitwert von 17.786,00 €. Das Gericht erachtet in diesem
Zusammenhang die von der Klagepartei alternativ vorgenommene Abrechnung mit
einer 1,5 Gebühr als zulässig und sachlich zutreffend. Denn wenn der RA auf
Grund einer anderen rechtlichen Bewertung eine korrigierte Abrechnung seiner
Gebühren vorzunehmen hat, kann er das ihm gem. § 14 RVG obliegende Ermessen
hinsichtlich der Gebühr erneut auch abändernd ausüben. Die jetzt von der
Klägerin in Ansatz gebrachte 1,5 Gebühr hält sich innerhalb der Grenze der
Rahmengebühr des § 14 RVG und ist deswegen nicht zu beanstanden. Damit ergibt
sich für die anzurechnende Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG ein Betrag von
454,50 € (0,75 gebühr auf Streitwert von 17.786,00 €). Dies ergibt sich somit
für das gerichtliche Tätigwerden des beauftragten RA …. einen korrigierten
Gebührenanspruch iHv. 2.067,15 €.
3.
Der
Geltendmachung dieser Gebühr steht ein Schadensersatzanspruch des Beklagten
wegen Verletzung von Anwaltspflichten nicht entgegen.
Unstreitig hat der
beauftragte RA … den Beklagten nicht auf die Möglichkeit von Beratungshilfe und
Prozesskostenhilfe hingewiesen und einen entsprechenden Antrag bei Gericht
nicht gestellt. RA … hat dadurch nicht gegen die in § 16 Abs. 1 der
Berufsordnung für RA (BORA) konkretisierte Fürsorgepflicht verstoßen. Denn nach
Auffassung des Gerichts gab es für den beauftragten RA auf Grund der ihm
mitgeteilten und bekannten Vermögenssituation des Beklagten keinen begründeten
Anlass, näher zu prüfen, ob die Voraussetzung für die Bewilligung von Beratungshilfe
und Prozesskostenhilfe gegeben sind.
Zunächst hat sich
die Behauptung des Beklagten nicht als richtig erwiesen, er habe bei der Mandatsbesprechung
bereits auf seine schwierige Vermögenssituation hingewiesen und hätte die Frage
gestellt, ob er in der Lage sei hohe Anwaltsgebühren zu bezahlen. Der für den
Inhalt dieses Gesprächs vernommene Zeuge …. bestätigte diesen Sachvortrag der
Beklagtenpartei nicht, sondern gab an, dass die Frage der Bezahlung von
RA-Gebühren überhaupt nicht erörtert worden sei. Auch habe sich die Äußerung
des beauftragten RA „Das kriegen wir schon“ nicht auf die Finanzierung der
gerichtlichen Auseinandersetzung, sondern auf die beabsichtigte Regelung des
Unterhalts bezogen. Die Frage nach Prozesskostenhilfe sei erst viel später
aufgeworfen worden, als die Rechnung der anwaltlichen Vertreterin der Ehefrau
des Beklagten gekommen sei.
Durch diese Aussage
des Zeugen …. bestätigte sich der Sachvortrag der Klagepartei, wonach bei der
Mandatserteilung und bei der Besprechung der gesamten Vermögenssituation nicht
die Rede davon war, dass für den Beklagten Schwierigkeiten bestehen würden,
Gerichtskosten und Anwaltskosten zu bezahlen.
Auch die für den
beauftragten RA im Rahmen der Unterhaltsberechnung offen gelegten Einkommens-
und Vermögensverhältnisse des Beklagten gaben keinen begründeten Anlass, die
Möglichkeit eines PKH-Antrages zu prüfen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen,
dass dem anwaltlichen Vertreter des Beklagten bekannt war, dass der Beklagte
eine fremdvermietete Eigentumswohnung in Waldkraiburg hat und seiner Schwester
in bar ohne Belege erfolgten und der Beklagte diese Mietzahlung in seiner
Einkommensteuererklärung nicht angegeben hat. Weiter wusste der anwaltliche
Vertreter davon, dass der Beklagte die Schuldzinsen zur Finanzierung der
Eigentumswohnung ebenfalls in der Einkommenssteuererklärung nicht angab und
deswegen darauf verzichtete, seine Steuerverbindlichkeit zu verringern.
Schließlich war dem anwaltlichen Vertreter bekannt, dass der Beklagte zur
Finanzierung der Eigentumswohnung einen Bausparvertrag abgeschlossen hatte und
darüber hinaus der Beklagte über ein Aktiendepot verfügte. Bei diesen Gegebenheiten
besteht für den anwaltlichen Vertreter keine Notwendigkeit, weitergehende
Ermittlungen darüber anzustellen, wie sich der Wert des Aktiendepots
entwickelt, ob die vermietete Immobilie überschuldet ist, ob die bar bezahlten
Mieten ortsüblich und angemessen sind und ob das Bausparguthaben des Beklagten
beliehen werden kann. In der Gesamtbetrachtung ergibt sich, dass der Beklagte,
der über ein regelmäßiges Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit bezieht, darüber
hinaus weiteres Einkommen hat und über Vermögenswerte verfügt, die bei Antrag
auf PKH zu berücksichtigen und einzusetzen sind. Es wäre Sache des Beklagten
gewesen, den von ihm beauftragten RA darüber aufzuklären, dass das Aktiendepot
durch weitere Spekulationen an Wert verloren hat, eine höhere Mieteinnahme bei
Vermietung an seine Schwester nicht zu erzielen sei und die Eigentumswohnung
trotz des zur Finanzierung eingesetzten Bausparvertrages so stark belastet ist,
dass sie als einzusetzendes Vermögen nicht berücksichtigt werden kann. Alle
diese Hinweise sind seitens des Beklagten nicht erfolgt; es war vielmehr der
beauftragte RA, der zur Minimierung der Unterhaltsverpflichtung des Beklagten
diesen veranlasste, seine Einkommenssituation dadurch schlechter darzustellen,
dass Schuldzinsen und eigene Ausgaben für Miete (Wohnung bei den Eltern)
angesetzt werden. Deswegen kann aus dieser vom beauftragten RA vorgenommenen
Einkommensberechnung nicht der Rückschluss gezogen werden, dass er einen
begründeten Anlass gehabt hätte, auf die Möglichkeit hinzuweisen.
Eine Verletzung
anwaltlicher Pflichten durch den beauftragten RA … liegt somit nicht vor.
Der Beklagte ist
deswegen verpflichtet, an die Klägerin den – korrigierten – Gebührenanspruch
gemäß Abrechnung vom 18.03.2010 zu bezahlen. Die Klage erweist sich somit als
weitgehend begründet.
2.
Die
Widerklage ist iHv. 335,94 € begründet.
a)
Unstreitig
hat der Beklagte an die Klägerin Zahlungen iHv. 2.232,62 € geleistet; der
Zahlungsbetrag hinsichtlich der Rechnung von 21.12.2009 (regelung Umgang) iHv. 791,17
€ ist dabei dem Grunde und der Höhe nach unstreitig.
b)
Wie
unter Ziff. 1 bereits dargelegt waren die Angelegenheiten Kindesunterhalt und
Ehegattenunterhalt als eine Angelegenheit abzurechnen und es ergibt sich
insoweit unter Berücksichtigung der gutachterlichen Stellungnahme des Vorstandes
der RA-Kammer vom 27.04.2012 ein Gebührenanspruch iHv. 1.105,51 €. Bezahlt hat
der Beklagte für diese Angelegenheit gemäß Rechnungen vom 16.11.2009 und
11.01.2010 eine Gesamtbetrag von 1.441,45 €. Den Differenzbetrag IHv. 335,94 €
kann der Beklagte gem. § 812 Abs. 1 BGB zurückverlangen.
Der von der Klägerin
insoweit erhobene Entreicherungseinwand gem. § 818 Abs. 3 BGB bleibt
unbeachtet, da insoweit substantiierter Sachvortrag seitens der Klagepartei
fehlt.
IHv. 335,94 €
erweist sich die Widerklage somit als begründet.
c)
Da,
wie unter 1. dargelegt, der beauftragte RA … gegen anwaltliche Hinweis- und
Fürsorgepflicht nicht verstoßen hat, steht dem Beklagten kein Schadenersatz zu.
Er kann deswegen bereits geleistete Zahlungen, mit Ausnahme der überhöhten
Gebühr von 335,94 € nicht zurückverlangen. Insoweit war die Widerklage als
unbegründet abzuweisen.
3.
Als
Verzugsschaden zu ersetzten sind die – im Klageantrag als Hauptsache geltend
gemachten – vorgerichtlichen Mahnauslagen iHv. 5,11 €.
Verzugszinsen
sind in gesetzlicher Höhe jeweils ab Rechtshängigkeit zuzusprechen; der
hinsichtlich der Hauptsacheforderung von 2.201,14 € beantragte Verzugszeitpunkt
21.04.2010 ist nicht begründet, da, wie dargelegt, die Abrechnung vom 18.03.2010
der Höhe nach nicht ordnungsgemäß gewesen ist.
4.
Die
Kostenentscheidung ergeht gem. § 92 I ZPO: Bei einem Gesamtstreitwert von
4.438,87 € obsiegt bei Berücksichtigung von Klage und Widerklage die Klagepartei
mit 3.968,94 €; die Beklagtenpartei hat deswegen 9/10 der Kosten des
Rechtsstreits zu tragen.
Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11,
709, 711.
Für
die Klagepartei war die Berufung gegen das Urteil nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen
des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen
Beier
Richter
am Amtsgericht
Verkündet
am 23.10.2012
Landgericht Traunstein
Az.: 7 O 3496/10
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
-Kläger-
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Müller, Dr. Boms, Koch, Hohenzollernstraße 140, 41061 Mönchengladbach
gegen
1) …
-Beklagte-
2) …
-Beklagte-
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte Rudholzner und Kollegen, Ludwigstraße 22b, 83278 Traunstein
wegen Pflichtteil
erlässt das Landgericht Traunstein – 7. Zivilkammer – durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Kammermeier als Einzelrichter im schriftlichen Verfahren unter Berücksichtigung der bis zum 29.04.2011 bei Gericht eingegangenen Schriftsätze folgendes
Endurteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten sich nach erhobener Stufenklage im Pflichtteilsprozess um die Erledigung der Hauptsache.
Die Parteien sind Kinder der am 01.10.2077 verstorbenen Maria Höffges (nachfolgend: Erblasserin). Die Erblasserin hatte am 17.08.2004 ein notarielles Testament errichtet, in dem sie die Beklagten zu 1. und 2. zu Miterben zu je ½ bestimmte. Am 01.10.2007 verstarb die Erblasserin. Nach Auskunftsverlangen des Klägervertreters vom 02.09.2010 beriefen sich die Beklagten darauf, dass eine Enterbung des Klägers nicht stattgefunden habe. Am 27.09.2010 teilte das Nachlassgericht Mönchengladbach der Beklagten zu 2. mit, dass die Erblasserin das Testament vom 17.08.2004 am 16.10.2006 aus der amtlichen Verwahrung genommen hatte und eine weitere Verfügung von Todeswegen nicht vorliege.
Der Klägervertreter fertigte am 27.09.2010 eine Stufenklage gegen die Beklagten zu 1. und 2. auf Auskunft, Wertermittlung der Grundstücke im Nachlass, eventuelle eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft sowie Zahlung eines Pflichtteils in Höhe von 1/6 des Nachlasswertes. Den Wert des Nachlasses schätzt der Kläger auf 1,2 Millionen Euro, die Höhe seines Pflichtteilsanspruches auf 200.000,– €.
Am 30.09.2010 teilte die Beklagte zu 2. dem Kläger die Auskunft des Nachlassgerichts vom 27.09.2010 mit. Am 01.10.2010 fragte der Kläger bei der beklagten an, ob es ein weiteres Testament der Erblasserin gebe. Seine Stufenklage wurde den Beklagten am 04.10.2010 zugestellt.
Unstreitig gilt das Testament der Erblasserin vom 17.08.2004 nach § 2256 BGB als widerrufen.
Der Kläger beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 18.02.2011,
die Hauptsache für erledigt zu erklären und die Kosten des Verfahrens
den Beklagten aufzuerlegen.
Die Beklagten widersetzten sich einer Erledigungserklärung und beantragten,
die Klage kostenfällig abzuweisen.
Wegen des Klagevortrages wird auf den Schriftsatz vom 18.02.2011 und 14.03.2011, wegen des Beklagtenvortrages auf den Schriftsatz vom 23.02.2011, 23.03.2011 und 29.04.2011 verwiesen.
Beweis wurde nicht erhoben.
Entscheidungsgründe
Der Antrag des Klägers ist auszulegen als geänderte Klage auf Feststellung, dass die Hauptsache erledigt ist.
Die geänderte Klage ist sachlich unbegründet. Die Hauptsache ist nicht erledigt. Vielmehr bestand von Anfang an ein Pflichtteilsanspruch des Klägers nicht. Das Testament der Erblasserin vom 17.08.2004 wurde durch Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung am 16.10.2006 widerrufen. Letztwillige Verfügungen der Erblasserin, die den Kläger von der Erbfolge ausschließen, bestehen nicht. Unstreitig ist der Kläger neben den Beklagten Miterbe zu je 1/3.
Der Umstand, dass der Kläger die Stufenklage in der irrigen Annahme eines Pflichtteilsanspruchs erhoben hat und er das Fehlen des Pflichtteilsanspruches erst nach Anhängigkeit der Klage erkannte, führt nicht zu einer Erledigung der Hauptsache. Die Pflichtteilsklage war vielmehr mangels eines Anspruchs von vornherein unbegründet.
Die geänderte Klage auf Feststellung, dass die Hauptsache erledigt ist, war deshalb als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
Kammermeier
Vorsitzender Richter am Landgericht
Verkündet am 13.05.2011
Amtsgericht Traunstein
Az.: 319 C 236/10
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…, 83278 Traunstein
-Klägerin-
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Rudholzner & Kollegen, Ludwigstr. 22b, 83278 Traunstein, Gz.: 95/2009
gegen
…, 83278 Traunstein
-Beklagte-
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Eisenrieder, Reichelt, Wachter, Dr. Frank, Innstraße 35, 83022 Rosenheim, Gz.: 219G10
wegen Forderung
erlässt das Amtsgericht Traunstein durch die Richterin am Amtsgericht Srkal am 17.12.2010 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 728,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 612,24 € seit 01.12.2009 und aus 116,06 € seit 15.03.2010 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um ein Rechtsanwaltshonorar für die Vertretung der Beklagten durch den Kläger in einer Strafsache.
Die Beklagte, eine rumänische Staatsangehörige, befand sich in der JVA Traunstein in Untersuchungshaft wegen schweren Badendiebstahls. Mit Postkarte vom 24.09.2009 beauftragte die Beklagten den Kläger mit ihrer Vertretung als Wahlverteidiger. Insofern wird auf die Anlage K 1, Blatt 19/20 d.A. Bezug genommen.
Am 28.09.2009 erteilte sie dem Kläger Vollmacht zur Verteidigung in der Strafsache (Anlage K 2, Blatt 21 d.A.).
In der Folgezeit wurde der Kläger wie folgt für die Beklagte tätig:
Einsichtnahme in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht München I.
Hierfür fiel eine Übersendungsgebühr von 12,– € an, die der Kläger verauslagte.
Weiterhin wurden 105 Kopien aus der Strafakte gefertigt.
Auf Wunsch der Beklagten besuchte der Kläger diese sodann zusammen mit einer Dolmetscherin in der JVA. Trotz Hinweises auf die erhöhten Kosten einer Wahlverteidigung bestand die Beklagte hierauf.
In der Folgezeit beantragte der Kläger seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Hierzu kam es nicht, da die Beklagte einen anderen Rechtsanwalt mit ihrer Wahlverteidigung beauftragte.
Mit der Klage macht der Kläger sein Honorar und seine Auslagen geltend. Wegen der Honorarnote wird auf die Anlage K 11, Blatt 36 d.A. Bezug genommen. Hinzu kommen noch weitere Auslagen für die Dolmetscherin in Höhe von 104,05 €, den Vordruck eines Mahnbescheids in Höhe von 5,11 € und Portoaufwand in Höhe von 6,90 €. Insgesamt beansprucht der Kläger 728,30 €.
Der Kläger beantragt:
- wie erkannt.
Die Beklagte hat keinen konkreten Antrag gestellt, vertritt aber die Auffassung, der Kläger habe als Wahlverteidiger die Dolmetscherkosten nicht auslegen müssen. Er habe nur eine geringe Tätigkeit entfaltet, für die allenfalls eine Grundgebühr von 100,00 € für die Vertretung und das Verfahren angemessen sei.
Hinsichtlich der Dolmetscherkosten legt der Kläger die Rechnung vor und trägt vor, diese sei vom Gericht nicht erstattet worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer München zur Gebührenhöhe. Wegen des Gutachtens wird auf das schriftliche Gutachten vom 19.10.2010, Blatt 64/66 d.A. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Wie sich aus dem Gutachten der Rechtsanwaltskammer München ergibt, sind die vom Kläger berechneten Gebühren unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit für die Beklagte angemessen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beklagte ein schwerer Bandendiebstahl zur Last lag mit einer Strafandrohung von einem bis zu zehn Jahren, sowie die Tatsache, dass sie sich in Untersuchungshaft befand und auch nicht aus Deutschland stammt. Hinsichtlich der Schwierigkeit ist zu berücksichtigten, dass insgesamt sieben Personen angeklagt waren. Damit ist die vom Kläger angesetzte Mittelgebühr angemessen. Er hat auch schlüssig die weiteren Auslagen vorgetragen sowie die Erforderlichkeit der Auslagen für eine Dolmetscherin. Demzufolge stehen ihm aufgrund des Anwaltsvertrages die geltend gemachten Forderungen zu.
Die zugesprochenen Zinsen schuldet die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Verzugs nach §§ 286, 288 BGB bzw. nach § 291 BGB als Prozesszinsen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
gez.
Srkal
Richterin am Amtsgericht
Landgericht Traunstein
Az.: 6 O 5055/01
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
-Kläger-
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Rudholzner & Kollegen, Ludwigstraße 22 b, 83278 Traunstein,
gegen
Volksbank-Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee eG, vertreten durch den Vorstand Gerhard Ruf, Bahnhofstr. 4, 83209 Prien am Chiemsee
-Beklagte-
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte STARKE Rechtsanwälte, Poststraße 21, 83435 Bad Reichenhall
wegen Schadenersatz
erlässt das Landgericht Traunstein –6. Zivilkammer- durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Möbius, den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Hager und die Richterin am Landgericht Bauer auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19.07.2010 folgendes
Endurteil
I.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Schadensersatzbetrag vom 35.790,43 EUR (i. W.: fünfunddreißigtausendsiebenhundertneunzig 43/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 11.01.2002 zu zahlen.
II.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen weiteren Schadensersatzbetrag in Höhe von 1.279.294,60 EUR (einemillion-zweihundertneunundsiebzigtausendzweihundertvierundneunzig 60/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 07.07.2004 zu zahlen.
III.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte darüber hinaus verpflichtet ist, an den Kläger jeden weiteren, in Zusammenhang mit der Fondsbeteiligung „Strausberger Platz“ entstandenen und entstehenden Schaden zu ersetzen.
IV.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 97 % und der Kläger
3 %.
VI.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht aus eigenem sowie abgetretenem Recht Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung bei einer Immobilienanlage in Form einer Beteiligung an einer offenen Handelsgesellschaft geltend. Der Kläger und die Zedenten waren bei der Beklagten als Hausbank langjährige Kunden. Eine Kapitalanlage in Form der Beteiligung an einer offenen Handelsgesellschaft, nämlich der „Wohnpart-Am-Strausberger-Platz-OHG“ kam jeweils unter Mitwirkung des damaligen Prokuristen der Beklagten, Ralf Teschner, zustande.
Mit Grundurteil vom 22.02.2005 hat die Kammer die geltend gemachten Schadenersatzansprüche und den geltend gemachten Feststellungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Bezüglich des haftungsbegründenden Sachverhalts und insbesondere bezüglich der Höhe der vom Kläger sowie den Zedenten …, …, …, sowie … gezeichneten Kapitalanlagen wird auf den Tatbestand des Grundurteils vom 22.02.2005 (Bl. 759/769) verwiesen.
Zur Begründung der Haftung der Beklagten dem Grunde nach wird auf die Entscheidungsgründe des Grundurteils sowie auf die Gründe des Beschlusses des Oberlandesgerichts München vom 13.03.2006 verwiesen, mit dem die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 22.02.2005 gemäß § 522 II ZPO einstimmig zurückgewiesen wurde (Bl. 859/867).
Nachdem der Kläger mit der Klage vom 24.12.2001 einen Teilschadenersatzanspruch in Höhe von 70.000,00 DM (= 35.790,43 EUR) geltend gemacht hatte (Bl. 1 ff. d. A.), hat er mit der Klageerweiterung vom 16.06.2004 den bis zu diesem Datum eingetretenen Schaden seiner eigenen Person sowie den Schaden der Zedenten beziffert und einen Gesamtschadensersatzbetrag in Höhe von insgesamt 1.364.459.08 EUR geltend gemacht (Bl. 552/552 b).
Mit der Klageerweiterung hat er eine „Übersicht über die Beteiligungen Strausberger Platz“ unter Berücksichtigung bereits geleisteter Nachschüsse und der mit Schreiben vom 19.11.2003 geforderten Nachschüsse vorgelegt (Bl. 552 b).
Für die einzelnen Anleger hat der Kläger folgende Schadenersatzbeträge geltend gemacht:
1. … (Kläger): EUR 115.639,32
2. …: a) EUR 125.639,80
b) EUR 172.020,37
3. … : EUR 190.534,00
4. … : a) EUR 125.640,97
b) EUR 172.021,88
5. … : EUR 172.021,88
6. … : EUR 165.301,18
7. … : EUR 125.639,30
Zwischensumme : EUR 1.364.459,08
Davon wurden im Wege der Teilklage verfolgt : EUR 35.790,43 (= DM 70.000,00)
Summe der Klageerweiterung: EUR 1.328.668,65.
Die Zustellung der Klageerweiterung erfolgte am 07.07.2004.
Nach Rechtskraft des Grundurteils hat der Kläger mit Schriftsatz vom 13.06.2006 eine Alternativschadensberechnung unter Einbeziehung von Steuervorteilen auf Seiten des Klägers und der Zedenten sowie unter Berücksichtigung entgangenen Gewinns aus Alternativanlage vorgelegt. Bezüglich der Einzelheiten wird verweisen auf diese Alternativschadensberechnung des Klägers in diesem Schriftsatz (Bl. 877/884 nebst Anlagen).
Mit Verfügung des Kammervorsitzenden vom 11.09.2006 wurde die Klagepartei aufgefordert, unter Vorlage der Einkommensteuererklärungen und der Einkommensteuerbescheide für die jeweiligen Jahre ab Beginn des Erwerbs der Fondsanteile bzw. des Gesellschafterbeitritts hinsichtlich des Klägers und der Zedenten substantiiert vorzutragen, welche Verluste zugewiesen wurden und mit welchen exakten Beträgen sich diese Verluste steuermindernd auswirkten. Weiterhin wurde die Klagepartei aufgefordert, schlüssig darzutun, welche Geldanlage der Kläger und die Zedenten gewählt hätten, wären sie ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Auf die Verfügung vom 11.09.2006 (Bl. 913/914) wird Bezug genommen.
Der Kläger hat daraufhin in dem weiteren Schriftsatz vom 09.10.2006 ergänzend zu den durch die Verluste aus den Beteiligungen ersparten Steuern vorgetragen und Stellung genommen. Ebenso hat der Kläger ergänzend vorgetragen zu dem entgangenen Gewinn aus Alternativanlage. Die beim Kläger und den Zedenten insgesamt eingetretene Steuerersparnis setzte der Kläger in diesem Schriftsatz unter Bezugnahme auf die vorgelegten Unterlagen an mit einem Betrag in Höhe von insgesamt 738.730,00 EUR. Den entstandenen „Höchstschaden“ bei einer Alternativanlage ohne Fonds errechnet der Kläger im Ergebnis unter Berücksichtigung der Steuervorteile auf EUR 2.002.953,00. Auf den Schriftsatz vom 09.10.2006 sowie die zu diesem Schriftsatz vorgelegten Anlagen wird Bezug genommen (Bl. 915/936 d.A.).
Der Kläger hat seine Ausführungen zur Schadenshöhe sowie seine Schadensberechnungen schließlich weiterhin ergänzt mit Schriftsatz vom 26.03.2007. Auf den ergänzenden Vortrag in diesem Schriftsatz (Bl. 966/982 d.A.) wird ebenfalls Bezug genommen.
Der Kläger hat auch noch zuletzt die bereits im Tatbestand des Grundurteils aufgeführten Anträge gestellt, die wie folgt lauten:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 70.000,00 DM (= 35.790,43 EUR) nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den weiteren Schaden in Höhe von 1.328.668,65 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
3.
Die Beklagte ist darüber hinaus verpflichtet, an die Kläger jeden weiteren, im Zusammenhang mit der Fondsbeteiligung „Strausberger Platz“ entstandenen und entstehenden Schaden zu ersetzen.
Die Beklagte beantragt weiterhin
kostenpflichtige Klageabweisung.
Die Beklagte trägt vor, im Rahmen der Schadensberechnung seien Steuervorteile des Klägers und der Zedenten jedenfalls zu berücksichtigen.
Verlustzuweisungen seien in Höhe von 158,85 % auf die geleisteten Einlagen zuzüglich Agio erfolgt. Unter Eibeziehung von Kirchensteuer etc. verbliebe dann ein tatsächlicher Eigenkapitaleinsatz in Höhe von 6,28 % der geleisteten Anlage einschließlich Agio.
Die Beklagte bestreitet die Richtigkeit der Berechnungen des Klägers zum Steuervorteil. Sie trägt vor, dass alle betroffenen Anleger sich im Rahmen des Spitzensteuersatzes mit 55 bzw. 59 % bewegen würden. Der Kläger habe bei seiner Berechnung außer Acht gelassen, dass Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag zu zahlen seien.
Die Beklagte führt weiter aus, zur Berechnung des entgangenen Gewinns wären der Kläger und seine Mitstreiter so zu stellen, wie sie gestanden hätten, wenn die Beklagte nach den Vorstellungen des Klägers und des Sachverständigen richtig beraten hätte. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass ausschließlich steuerorientierte Anlageformen in Betracht gekommen wären. Bundesanleihen seien nicht tatsächlich steuerorientierte Anlageformen. Es könne daher nur eine Verzinsung angesetzt werden, die ein geschlossener Immobilienfonds erwirtschafte. Der Sachvortrag des Klägers sei sowohl hinsichtlich des Zinssatzes als auch des zu verzinsenden Kapitals falsch.
Im Einzelnen wird verwiesen auf die Ausführungen der Beklagten in den Schriftsätzen vom 08.09.2006 (Bl. 905/912), im Schriftsatz vom 07.12.2006 (Bl. 938/962), im Schriftsatz vom 25.04.2007 (Bl. 983/994) und im Schriftsatz vom 25.10.2007 (Bl. 1023/1024).
In den Schriftsätzen vom 22.04.2009 (Bl. 1087/1095) und vom 05.03.2010 (Bl. 1182/1188) hat die Beklagte ergänzend ausgeführt, die Steuerersparnisse, die mit den hier in Rede stehenden Kapitalanlagen einhergegangen seien, seien auch bei der Ermittlung des Zinsschadens zu berücksichtigen. Im Ergebnis gehe es darum, dass durch die Kapitalanlage Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag gespart worden seien. Hätten die jeweiligen Anleger die Kapitalanlage nicht gezeichnet, wäre ihre Steuerbelastung entsprechend höher ausgefallen. Dadurch, dass die Anlage gezeichnet worden sei, seien Steuerersparnisse zweifelsfrei eingetreten. Das heiße, die Beträge, die nicht an die Finanzverwaltung abgeführt hätten werden müssen, seien den Anlegern für anderweitige Kapitalanlagen zur Verfügung gestanden. Das heiße, die Anleger hätten über zusätzliche liquide Mittel verfügt, die gewinnbringend hätten angelegt werden können. Insoweit sei der jeweils eingetretene Steuervorteil zu verzinsen und schadensmindernd zu berücksichtigen.
Hinsichtlich des weiteren Parteivortrages wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst den überreichten Anlagen Bezug genommen.
Nach Rechtskraft des Grundurteils hat die Kammer zu der behaupteten Schadenshöhe mit Beweisbeschluss vom 28.08.2007 ein weiteres Sachverständigengutachten bei dem Sachverständigen Prof. Dr. Stephan List in Auftrag gegeben, wobei dem Sachverständigen konkrete Vorgaben zur Schadensberechnung gemacht wurden. Auf den Beweisbeschluss vom 28.08.2007 (Bl. 1026/1028 d.A.) wird verwiesen.
Die Beklagte hat gegen den Beweisbeschluss vom 13.11.2007 mit Schriftsatz vom 29.11.2007 Beschwerde eingelegt, wobei sich die Beschwerde gegen die Bestellung des Herrn Prof. Dr. Stephan List zum Sachverständigen richtete (Bl. 1029/1031 d.A.).
Die sofortige Beschwerde wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 07.01.2008 (Bl. 1042/1046 d.A.) zurückgewiesen.
Der Sachverständige Prof. Dr. List hat sein Gutachten erstattet unter dem 25.02.2009. Auf das 83-seitige Gutachten nebst Anlagen (Bl. 1073 d.A.) wird verwiesen.
Mit Verfügung des Kammervorsitzenden vom 29.04.2006 (Bl. 1096 d.A.) wurde der Sachverständige ergänzend beauftragt, zu den Einwendungen der Klägervertreter im Schriftsatz vom 03.04.2009 (Bl. 1079/1084 d.A.) sowie der Beklagtenvertreter im Schriftsatz vom 22.04.2009 (Bl. 1087/1095) Stellung zu nehmen. Der Sachverständige hat sein Ergänzungsgutachten erstattet unter dem 19.01.2010 (Bl. 1112/1173 d.A.).
Mit weiterer Verfügung vom 15.03.2010 (Bl. 1190/1192 d.A.) wurde der Sachverständige mit einer weiteren Ergänzung seiner gutachterlichen Ausführungen beauftragt, wobei ihm insbesondere aufgegeben wurde, die fiktive Verzinsung der auf Seiten 78 und 79 des Erstgutachtens ermittelten Steuerersparnis bei den einzelnen Anlegern zu berechnen sowie zu den ergänzenden Ausführungen der Parteien zur ersten Gutachtensergänzung Stellung zu nehmen.
Die weitere gutachterliche Stellungnahme vom 28.06.2010 (Bl. 1204/1263 d.A.) ging bei Gericht ein am 06.07.2010.
Abschließender Termin zur mündlichen Verhandlung fand statt am 19.07.2010. In diesem Termin wurde der Sachverständige Prof. Dr. List zu seinen schriftlichen Gutachten ergänzend angehört. Auf das Sitzungsprotokoll vom 19.07.2010 (Bl. 1265/1268 d.A.) wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist zum ganz wesentlichen Teil auch begründet.
Die geltend gemachten Schadenersatzansprüche finden ihre Grundlage in der positiven Vertragsverletzung des Anlageberatervertrages i.V.m. den §§ 249 ff. BGB. Die Falschberatung aus dem Jahr 1994 erfolgte lange vor Einführung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zum 01.01.2002, so dass die bis dahin geltende Rechtslage für die Haftung zugrunde zu legen war. Bezüglich der vollumfänglichen Haftung der Beklagten dem Grunde nach wird nochmals ausdrücklich verwiesen auf das Grundurteil vom 22.02.2005 (Bl. 759/769 d.A.) sowie die Gründe des Zurückweisungsbeschlusses des OLG München vom 13.03.2006 (Bl. 858/867 d.A.).
I.
Begründetheit der bezifferten Schadensersatzforderung
Der Kläger hat mit der Klageerweiterung vom 16.06.2004 insgesamt eine bezifferte Schadenersatzforderung in Höhe von 1.364.459,08 EUR geltend gemacht.
Begründet ist diese bezifferte Schadenersatzforderung hinsichtlich eines Teils von 1.315.085,03 EUR.
Zu diesem Ergebnis gelangte die Kammer unter Zugrundelegung der überzeugenden, schlüssigen und in jeder Hinsicht nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. List in seinen drei schriftlichen Gutachten sowie bei der mündlichen Anhörung im Termin vom 19.07.2010. Von der hohen Sachkunde des Sachverständigen konnte sich die Kammer auch schon aufgrund seiner überzeugenden Ausführungen im vorliegenden Verfahren bis zum Erlass des Grundurteils vom 22.02.2005 ein Bild machen. Überdies war der Kammer die große Sachkunde des beauftragten Sachverständigen auch schon aus anderen Verfahren bekannt. Die Kammer macht sich die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zur Schadenshöhe vollumfänglich zu eigen.
In dem Beweisbeschluss vom 28.08.2007 hatte die Kammer dem Sachverständigen exakte Vorgabe zur Schadensberechnung gemacht.
Nach den Vorgaben der Kammer hatte der Sachverständige zur Ermittlung des Kapitaleinsatzes zunächst die Summe der Zeichnungsscheine mit dem Agio zu addieren und diesen Gesamtbetrag mit der Summe der prozentualen Verlustzuweisungen zu multiplizieren. Dem Sachverständigen wurde aufgegeben, gemäß § 287 ZPO von einer prozentualen Verlustzuweisung in Höhe von 155 % auszugehen, sofern keine andere verlässliche Ermittlung durch den Sachverständigen möglich ist. Diesen so ermittelten Betrag hatte der Sachverständige nach den Vorgaben der Kammer mit der individuellen Steuerersparnis der Anleger in Beziehung zu setzen, wobei dann der ersparte Betrag von dem Kapitaleinsatz in Abzug zu bringen war.
Bezüglich des zu ermittelnden weiteren Schadens der Anleger aus einer Alternativanlage wurde dem Sachverständigen von der Kammer aufgegeben, den Betrag als Schaden anzusetzen, der sich aus der Anlage des summierten Kapitaleinsatzes plus Agio in festverzinsliche Wertpapiere mit einer hundeprozentigen Kapitalgarantie mit einer zehnjährigen Laufzeit von 1994 bis zur Rechtshängigkeit der erweiterten Klage (07.07.2004) ergeben hätte.
Soweit die Kammer im letzten Absatz auf Seite 2 des Beweisbeschlusses vom 13.11.2007 (Bl. 1027 unten) ausgeführt hat, der Zinsschaden müsse allerdings wiederum unter Beachtung des individuellen Steuersatzes der Anleger korrigiert werden, wird hieran seitens der Kammer nicht mehr festgehalten. Vorliegend ist es nämlich so, dass der Kläger sowie die Zedenten den ihnen zu zahlenden Schadenersatzbetrag wiederum als Einkommen zu versteuern haben (vgl. BGH, Urteil vom 27.06.1984, Az.: IV a ZR 231/82; BFHE 104, Seite 134). Berücksichtigt man bei der Berechnung des fiktiven Zinsertrages der Anleger die fiktive individuelle Steuerbelastung in den einzelnen Jahren, so würde der Zinsertrag in der praktischen Auswirkung doppelt versteuert, was zu einer nicht hinzunehmenden Entlastung der Beklagten als Schädigerin führen würde. Die fiktive individuelle Steuerbelastung der einzelnen Anleger ist deshalb bei der Ermittlung des fiktiven Zinsertrages als Schaden nicht in Abzug zu bringen.
Den Gesamtaufwand im Rahmen der Zeichnung, also die Zeichnungssumme
plus Agio, aufgrund der Zeichnungen in den Jahren 1994 und 1995 hat der Sachverständige unter Punkt 3.1 auf Seite 27 des Ausgangsgutachtens tabellarisch dargestellt. Auf diese Tabelle wird vollumfänglich Bezug genommen. Die Tabelle schließt mit einem Gesamtaufwand für Zeichnung und Agio für den Kläger und die Zedenten in einer Gesamthöhe von 927.957,31 EUR. Dieser Betrag hat auch Eingang in die Gesamtberechnung des Sachverständigen zum Kapitaleinsatz per 31.12.2005 auf Seite 80 des Ausgangsgutachtens gefunden. In der Tabelle auf Seite 80 findet sich der Gesamtaufwand für Zeichnungssumme plus Agio in der zweiten Spalte.
1.2 Prozentuale Verlustzuweisung
Wie der Sachverständige unter Punkt 3.3 auf Seite 31 des Erstgutachtens ausgeführt hat, können aus den dem Sachverständigen zur Verfügung gestellten Einkommensteuererklärungen vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Anleger mehrere Einkunftsquellen im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung besitzen, isolierte Errechnungen der Ergebniszuweisungen aus der streitgegenständlichen Kapitalanlage nicht dargestellt werden.
Vor diesem Hintergrund musste der Sachverständige auf die von der Steuerberatergesellschaft Geisenheyner & Partner bestätigten Verlustquoten zurückgreifen. Die Berechnung der Verlustquoten gemäß Bestätigung der Steuerberatungsgesellschaft für die Jahre 1994 bis 2005 spiegelt sich wider in der auf Seite 32 des Ausgangsgutachtens abgedruckten Tabelle. Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung der Bestätigung der Steuerberatungsgesellschaft eine kumulierte Verlustquote von 155,3258371 % errechnet. Diese ermittelte prozentuale Verlustzuweisung liegt im Übrigen sehr nahe an der Verlustzuweisung in Höhe von 155 %, welche die Kammer in ihren Vorgaben in den Beweisbeschluss vom 13.11.2007 für den Fall aufgenommen hat, dass keine andere verlässliche Ermittlung durch den Sachverständigen möglich ist.
Die prozentuale Verlustzuweisung in Höhe von 155,3258 % hat wiederum Eingang in die abschließende Berechnung des Sachverständigen hinsichtlich des zu ersetzenden Kapitaleinsatzes per 31.12.2005 auf Seite 80 seines Ausgangsgutachtens gefunden.
1.3 Kapitaleinsatz
Der Kapitaleinsatz der einzelnen Anleger errechnet sich, indem die Zeichnungssumme plus Agio mit der prozentualen Verlustzuweisung in Höhe von 155,3258 multipliziert wird. Der Kapitaleinsatz des Klägers und der Zedenten ergibt sich aus der vierten Spalte der Tabelle auf Seite 80 des Ausgangsgutachtens und errechnet sich auf insgesamt 1.441.357,11 EUR.
1.4 Steuerersparnis
Die Steuerersparnis der einzelnen Anleger aus den erheblichen Verlustzuweisungen war vorliegend im Wege der Vorteilsausgleichung schadensmindernd zu berücksichtigen (vgl. Palandt, BGB, 69. Auflage 2010, Vorbem. v. § 249 Rdnr. 95 m.w.N.).
Die individuelle Steuerentlastung durch die streitgegenständliche Kapitalanlage für den Kläger und die Zedenten hat der Sachverständige unter Punkt 3 des Ausgangsgutachtens auf den Seiten 27 – 57 ausführlich dargestellt. Unter Berücksichtigung der dokumentierten Nachschusszahlungen des Klägers und der Zedenten gemäß der mit Schriftsatz der Klagepartei vom 13.06.2006 vorgelegten Anlage K 24 (Bl. 892 d.A.), unter Zugrundelegung von Verlustquoten in Höhe von 155,3260 % und unter Eliminierung der Ergebniszuweisung aus der Beteiligung hat der Sachverständige jeweils für die einzelnen Anleger ein fiktives zu versteuerndes Einkommen aus den Jahren 1994 bis 2005 ermittelt und daraus die fiktive Gesamtsteuerdifferenz individuell für die einzelnen Anleger errechnet.
Für den Kläger selbst ermittelte der Sachverständige unter Punkt 3.4 auf Seiten 33 – 37 des Ausgangsgutachtens eine Gesamtsteuerersparnis von 48.862,39 EUR.
Für den Anleger … ermittelte der Sachverständige unter Punkt 3.5 des Ausgangsgutachtens auf Seiten 38 – 41 eine Gesamtsteuerersparnis im Zeitraum 1994 – 2005 in Höhe von 176.460,56 EUR.
Für die Anleger … und … ermittelte der Sachverständige unter Punkt 3.6 des Ausgangsgutachtens auf Seiten 43 – 46 eine Gesamtsteuerersparnis von 200.955,57 EUR.
Für die Anleger … und … ermittelte der Sachverständige unter Punkt 3.7 des Ausgangsgutachtens auf Seiten 48 – 52 eine Gesamtsteuerersparnis in Höhe von 286.077,88 EUR.
Für den Anleger … ermittelte der Sachverständige schließlich unter Punkt 3.8 des Ausgangsgutachtens auf Seiten 53 – 57 eine individuelle Steuerentlastung in Höhe von 61.745,27 EUR.
1.5 Fiktive Verzinsung der Steuerersparnisse
In dem zweiten Ergänzungsgutachten vom 28.06.2010 hat der Sachverständige unter Punkt 3 auf den Seiten 6 – 26 weisungsgemäß die Berechnung der fiktiven Verzinsung der Gesamtsteuerersparnis der Anleger vorgenommen.
Bezüglich der Ergebnisse der Berechnungen des Sachverständigen wird insoweit verwiesen auf die Aufstellung auf Seiten 24 – 26 des zweiten Ergänzungsgutachtens vom 28.06.2010 (Bl. 1229/1231 d.A.).
Legt man eine fiktive Verzinsung der individualen Steuerersparnis bei den einzelnen Anlegern zugrunde, so führt dies, wie sich aus den vom Sachverständigen vorgelegten Zahlenwerk ergibt, jeweils zu beträchtlichen Zinserträgen ei den einzelnen Anlegern, die sich nach Auffassung der Beklagten wiederum schadensmindernd auswirken würden.
Die Kammer gelangt allerdings zu dem Ergebnis, dass sich die fiktive Verzinsung der jeweiligen individuellen Steuerersparnis in den Jahren 1994 – 2005 vorliegend nicht schadensmindernd auswirken kann.
Wie der Sachverständige im Anhörungstermin ausgeführt hat, entzieht es sich seiner Kenntnis, ob die Anleger tatsächlich aus den ermittelten Steuerersparnissen Erträge erwirtschaftet haben.
Wie der Sachverständige in dem Termin weiter nachvollziehbar angegeben hat, können Steuerrückerstattungen theoretisch angelegt werden in Konsum, unverzinslich oder eben, so wie es im zweiten Ergänzungsgutachten unterstellt wurde, in festverzinsliche Wertpapiere, natürlich auch in jede andere Anlageform.
Letztlich ist im vorliegenden Fall weder bewiesen noch unter Beweis gestellt, dass die Anleger die Steuerersparnisse tatsächlich gewinnbringend angelegt haben. Eine Verpflichtung der Anleger im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht, Steuerrückerstattungen gewinnbringend anzulegen sieht die Kammer nicht.
Aus Sicht der Kammer kann es Anlegern beispielsweise nicht als Verstoß gegen eine Schadensminderungspflicht ausgelegt werden, wenn sie Steuerrückerstattungen etwa zum Ausgleich von Verbindlichkeiten oder auch zur Finanzierung des Lebensbedarfs für sich und ihre Familien verwenden. Bei der Berechnung des im Wege des Schadenersatzes zu ersetzenden Kapitaleinsatzes hat deshalb aus Sicht der Kammer eine fiktive Verzinsung von gegenzurechnenden Steuervorteile nicht zu erfolgen. Eine Vorteilsausgleichung findet insoweit nicht statt.
1.6 Ergebnis:
Die Gesamtsteuerersparnisse der einzelnen Anleger in den Jahren 1994 – 2005 hat der Sachverständige nochmals einzeln aufgeführt auf den Seiten 78 und 79 des Ausgangsgutachtens. Die Steuerersparnisse der einzelnen Anleger haben schließlich Eingang gefunden in die Tabelle auf Seite 80 des Ausgangsgutachtens in Spalte 5 und errechnen sich insgesamt auf 774.101,67 EUR. Zur Ermittlung des zu ersetzenden Kapitaleinsatzes hat der Sachverständige folgerichtig die Gesamtsteuerersparnis in Höhe von 774.101,67 EUR von dem gesamten Kapitaleinsatz in Höhe von 1.441.357,11 EUR abgezogen. Aus Spalte 6 der Tabelle auf Seite 80 des Ausgangsgutachtens ergibt sich insgesamt ein zu ersetzender Kapitaleinsatz in Höhe von 667.255,44 EUR.
2.
Fiktiver Zinsschaden der Anleger bis zur Rechtshängigkeit der erweiterten Klage zum 07.07.2004
Den Zinsschaden der einzelnen Anleger hat der Sachverständige im Ausgangsgutachten unter Berücksichtigung der Vorgaben der Kammer unter Ziffer 4 auf den Seiten 60 – 68 dargestellt.
Die Kammer hat im Rahmen ihrer Vorgabe nicht auf eine Alternativanlage in einen geschlossenen Immobilienfonds abgestellt, wie dies die Beklagte für richtig hält, sondern auf eine konservative Anlageform, nämlich eine Anlage in festverzinsliche Wertpapiere mit 100-prozentiger Kapitalgarantie bei 10-jähirger Laufzeit.
Die Kammer hat also als Alternativanlage eine relativ risikoarme Anlage mit entsprechender geringerer Verzinsungserwartung vorgegeben, was für die Beklagte keinesfalls nachteilig ist.
Der Sachverständige hat für die einzelnen Anleger im Zeitraum vom 1994 – 2004 unter Berücksichtigung der Kammervorgaben jeweils fiktive Zinssätze für die Kapitaleinlage plus Agio und für die Nachschüsse unter Berücksichtigung der Vorgaben der Kammer angesetzt.
Die fiktiven Zinserträge vor Steuern hat der Sachverständige für jeden einzelnen Anleger ermittelt und auf der Tabelle auf Seite 75 in Spalte 2 dargestellt. Diese ermittelten fiktiven Zinserträge belaufen sich auf eine Gesamtsumme in Höhe von 644.241,60 EUR.
Im ersten Ergänzungsgutachten vom 19.01.2010 hat der Sachverständige die von den Klägervertretern im Schriftsatz vom 03.04.2009 zusätzlich nachgewiesenen Nachschusspflichten berücksichtigt. Der Sachverständige gelangte bei seinen Berechnungen in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise zu dem Ergebnis, dass diese zusätzlich nachgewiesenen Nachschussleistungen die fiktiven Zinserträge bei den Anlegern …, … sowie … und … geringfügig erhöhen.
Die fiktiven Zinserträge vor Steuern unter Berücksichtigung der zusätzlich nachgewiesenen Nachschussleistungen hat der Sachverständige in der Tabelle auf Seite 35 des Ergänzungsgutachtens vom 19.01.2010 in Spalte 2 (fiktiver Zinsertrag vor Steuern) dargestellt. Dieser fiktive Zinsertrag vor Steuern beläuft sich auf insgesamt 647.828,59.
Wie oben bereits dargestellt, hat im Rahmen der Schadensberechnung eine fiktive Besteuerung dieser fiktiven Zinserträge außen vor zu bleiben, da der Kläger und die Zedenten die ihnen zuerkannte Schadenersatzforderung ohnehin als Einkommen zu versteuern haben.
3.
Gesamtergebnis zu der berechtigten bezifferten Schadenersatzforderung
Der dem Kläger zu ersetzende Gesamtschaden errechnet sich mithin wie folgt:
1. zu ersetzender Kapitaleinsatz für den Kläger und die Zedenten:
667.255,44 EUR
(vgl. Tabelle Seite 80 des Ausgangsgutachtens)
2. fiktiver Zinsertrag der Anleger vor Steuern in den Jahren 1994
bis zur Rechtshängigkeit der erweiterten Klage zum
07.07.2004: 647.828,59 EUR
(vgl. Tabelle auf Seite 36 des Ergänzungsgutachtens vom 19.01.2010)
Gesamtsumme: 1.315.085,03 EUR
II.
Verzinsung der zuzuerkennenden Hauptsachebeträge
Der Kläger hatte mit der Klage vom 24.12.2001 zunächst einen Teilbetrag in Höhe von 70.000,00 DM = 35.790,43 EUR geltend gemacht. Die Klagezustellung erfolgte am 11.01.2002. Aus dem Betrag in Höhe von 35.790,43 EUR kann der Kläger deshalb seit dem 11.01.2002 Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß den §§ 291 und 288 I BGB verlangen.
Hinsichtlich des zuerkannten darüber hinausgehenden Betrages in Höhe von 1.279.294,60 EUR kann der Kläger Rechtshängigkeitszinsen seit Zustellung der Klageerweiterung, also seit 07.07.2004, verlangen.
III.
Begründetheit des Feststellungsbegehrens
Begründet ist auch das Feststellungsbegehren des Klägers dahingehend, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm jeden weiteren, im Zusammenhang mit der Fondsbeteiligung „Strausberger Platz“ entstandenen und entstehenden Schaden zu ersetzen.
Begründet ist das Feststellungsbegehren des Klägers zum einen schon deshalb, weil der dem Kläger und den Anlegern entstandene Zinsschaden im bezifferten Klageantrag nur bis zur Rechtshängigkeit der Klageerweiterung geltend gemacht wurde und auch nach diesem Rechtshängigkeitsdatum weiterer Zinsschaden entstanden ist und künftig auch noch entstehen wird.
Begründet ist der Feststellungsantrag darüber hinaus auch deshalb, weil der Kläger und die Zedenten auch künftig im Rahmen ihrer Beteiligung an der OHG noch nachschusspflichtig werden können. Wie der Sachverständige im Termin ausführte, sei die Frage, ob der Kläger und die Zedenten auch in Zukunft nachschusspflichtig werden können, reine Spekulation, weil niemand wissen könne, wie sich diese Anlage in Zukunft entwickelt. Dem Feststellungsbegehren war deshalb stattzugeben.
IV.
Klageabweisung im Übrigen.
Die Klage war abzuweisen, soweit der Kläger im Rahmen seines bezifferten Schadenersatzbegehrens über den zuerkannten Betrag hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 49.375,05 EUR geltend gemacht hat.
V.
Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO.
VI.
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Ziff. 11, 711 sowie 709 ZPO.
Dr. Möbius Dr. Hager Bauer
Vorsitzender Richter Vorsitzender Richter Richterin
am Landgericht am Landgericht am Landgericht
Landgericht München I
Az.: 16 T 12484/06
AG München 69 VI 15648/02
Beschluss
Die 16. Zivilkammer
hat am 15. März 2007
in der Nachlasssache
…, München
wegen Testamentsanfechtung der Beteiligten zu 6)
Beteiligte:
1) …, A-5221 Lochen, Österreich
2) …, A-5452 Michaelbeuern, Österreich
3) …, A-5230 Mattighofen, Österreich
4) …, A-5221 Lochen, Österreich
5) …, A-5120 St. Pantaleon, Österreich
6) …, 83395 Freilassing
7) …, 83278 Traunstein
8) …, 81479 München
- Beschwerdeführer-
9) Testamentsvollstrecker:
Dr. jur. Klaus Goebel, Echterstr. 5, 81479 München
Verfahrensbevollmächtigte/r:
zu 1 bis 5 ): Dr. Bleierer u. Dr. Wiener, Stadtplatz 28, A-5230 Mattighofen, Österreich
zu 6): Rechtsanwalt Florian Rudholzner, Herzog-Otto-Str. 2 b, 83278 Traunstein
zu 8): Rechtsanwalt Herbert F. A. Schoeberl, Brandstetter Str. 48, 83324 Ruhpolding
wegen Erteilung eines Erbscheins
auf die Beschwerde des Beteiligten zu 8 ) gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 11.05.2006
beschlossen:
- Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- Der Beteiligte zu 8 ) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Beteiligten zu 6) ihre im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
- Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 178.000,- € festgesetzt.
G r ü n d e:
I.
Der geschiedene Erblasser ist österreichischer Staatsangehöriger. Er verstarb am 19.11.2002, ohne Abkömmlinge zu hinterlassen. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind seine Neffen und Nichten. Die Beteiligten zu 4) bis 8 ) sind in verschiedenen Verfügungen von Todes wegen jeweils testamentarisch bedacht.
Der Nachlass bestand zum Todestag im Wesentlichen aus Bankguthaben im Wert von insgesamt 193.394,97 €. Dem stehen Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 14.831,98 € gegenüber.
Der Erblasser hinterließ insgesamt 10 Verfügungen von Todes wegen. Mit handschriftlichem Testament vom 12.05.1992 wurde die Beteiligte zu 5) als Erbin eingesetzt; ferner wurden an den Beteiligten zu 7) 50.000,- DM „vererbt“. In den eigenhändig geschriebenen Testamenten vom 14.06.1992 und vom 25.07.1995 hat der Erblasser die Beteiligte zu 6) als Alleinerbin eingesetzt und den Beteiligten zu 9) zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Mit notariellem Testament vom 02.10.1997 (Notar Johann Kärntner) wurden die früheren Verfügungen von Todes wegen aufgehoben und dem Beteiligten zu 8 ) das Wohnrecht an der Gartenwohnung, …, München im Wege des Vermächtnisses zugewandt. Mit notariellem Nachtrag vom 29.05.1998 (Notar Wilhelm Hofmiller) wurde der Beteiligte zu 8 ) zum Alleinerben eingesetzt. Inhaltlich gleich lautende handschriftliche Testamente wurden am 14.01.1998, 21.08.1998, 18.04.1999 und am 10.07.2000 errichtet. Mit eigenhändigem Testament vom 14.09.1998 hatte der Erblasser bestimmt, dass die Beteiligten zu 1) und 4) „das Haus erben“ sollten.
Mit Beschluss des Amtsgerichts München – Vormundschaftsgericht – vom 20.01.1997 wurde der Erblasser, der an einem dementiellen Syndrom litt, unter Betreuung gestellt. Als Betreuerin für die Bereiche Vermögenssorge, Vertretung gegenüber Behörden und anderen stellen sowie Post wurde die Zeugin Rechtsanwältin Wagner-Münch (jetzt: Haberecker) eingesetzt.
Am 14.03.2003 (Bl. 37 a d. A.) hat der Beteiligte zu 8 ) vor dem Rechtspfleger die Erteilung eins Alleinerbscheins, beschränkt auf den inländischen Nachlass, in Anwendung österreichischen Rechts beantragt. Die Beteiligte zu 6) war demgegenüber der Ansicht, dass der Erblasser ab 1996/1997 nicht mehr testierfähig gewesen sei und hat mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 03.04.2003 (Bl. 40/42 d. A.) ebenfalls die Erteilung eines Alleinerbscheins auf der Grundlage des zu ihren Gunsten errichteten Testaments vom 25.07.1995 beantragt. Gerade auch aus der Betreuungsakte sei die leichte Beeinflussbarkeit des Erblassers ersichtlich, der insbesondere nicht mehr in der Lage gewesen sei, sich der Bedrängnisse durch den Beteiligten zu 8 ) zu erwehren.
Mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 10.04.2003 (Bl. 55 d. A.) wurde Nachlasspflegschaft angeordnet.
Das Amtsgericht hat die Krankenakte der behandelnden Ärztin Dr. Elster beigezogen sowie die Stellungnahme der Notare Hofmiller (Bl. 102 d. A.) und Kärtner (Bl. 114/116 d. A.) erholt. Mit Beschluss vom 09.02.2004 (Bl. 160 d. A.) wurde Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens über die Testierfähigkeit des Erblassers zu den jeweiligen Testamentserrichtungszeitpunkten. Auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Hollweg, dem lediglich die Verfahrensakte, die Krankenunterlagen sowie vereinzelte Kopien aus der Betreuungsakte zur Verfügung standen, wird Bezug genommen (Bl. 179/192 d. A.).
Mit Schriftsatz vom 11.08.2004 (Bl. 196/202 d. A.) haben die Beteiligten zu 6) und 7) diverse Einwendungen gegen das Gutachten vorgebracht und eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen beantragt. Insbesondere habe der Sachverständige die ärztlichen Stellungnahmen von Frau Dr. Langari/Postpischil und der behandelnden Ärztin Frau Elster, die zudem langjährige Vertrauensperson des Erblassers gewesen sei, nicht hinreichend gewürdigt. Deren Eindruck könnten durch die Beobachtungen der Notare und sonstiger kurzfristiger Kontaktpersonen als medizinische Laien nicht in Frage gestellt werden. Ferner habe de Gutachte die in der Betreuungsakte geschilderten massiven Einflussnahmen des Beteiligten zu 8 ) nicht berücksichtigt und auch nicht die Stellungnahme der Betreuerin, die sich viele Jahre um den Erblasser gekümmert habe, verwertet.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 23.08.2004, gestützt auf das Sachverständigengutachten, die Erteilung eines Alleinerbscheins zu Gunsten des Beteiligten zu 8 ) angekündigt, da nicht nachgewiesen sei, dass der Erblasser bei der Errichtung der den Beteiligten zu 8 ) begünstigenden Testamente testierunfähig gewesen sei (Bl. 204/209 d. A.).
Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 6) und 7) mit Schriftsatz vom 03./22.09.2004 (Bl. 210/212 d. A.) Beschwerde eingelegt, mit der sie ihre Einwendungen gegen das Gutachten weiter verfolgt haben.
Mit Beschluss vom 15.12.2004, Az. 16 T 18888/04 hat das Landgericht München I die Beschwerde des Beteiligten zu 7) verworfen. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 6) hat das Landgericht München I den Beschluss des Amtsgerichts München vom 23.08.2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, das Amtsgericht habe nicht erkannt, dass im vorliegenden Fall ausländisches materielles Erbrecht anzuwenden ist, da der Erblasser österreichischer Staatsangehöriger war. Das Amtsgericht habe – unzutreffend – bei der Frage der Testierfähigkeit den Maßstab der deutschen Vorschrift § 2229 Abs. 4 BGB herangezogen. Tatsächlich seien aber die §§ 566 ff. des österreichischen ABGB maßgeblich. Zudem habe das Amtsgericht versäumt, dem Sachverständigen die vollständigen Betreuungsakten aus dem Betreuungsverfahren Az. 711 XVII 10870/96 zur Verfügung zu stellen. Damit habe das Amtsgericht den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt.
Das Amtsgericht hat sodann die Betreuungsakten in vollem Umfang beigezogen und mit Verfügung vom 31.03.2005 ein ergänzendes Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. Hollweg erholt. Bei der Zuleitung hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass bei der Beurteilung der Testierfähigkeit auch die österreichische Begriffsdefinition gem. §§ 565, 566 ABGB zugrunde zu legen sei. Nach der Rechtsprechung des österreichischen Obersten Gerichtshofs (OGH) sei Testierunfähigkeit dann anzunehmen, wenn die Beeinträchtigung des Bewusstseins des Erblassers soweit geht, dass die normale Freiheit der Willensbildung aufgehoben ist. Liege diese Voraussetzung auch hinsichtlich einzelner erbrechtlicher Anordnungen vor, fehle es insgesamt an der Testierfähigkeit. Testierfähigkeit setze zumindest die kognitiven und volativen Fähigkeiten eines 14-Jährigen voraus. Eine bloße Schwächung der Geisteskräfte reiche für die Annahme einer Testierunfähigkeit nicht, sie müsse vielmehr besonders erheblich sei und eine Sinnesverwirrung herbeiführen.
Daraufhin hat der Sachverständige Dr. Hollweg mit Gutachten vom 23.05.2005 (Bl. 288/304 d. A.) eine ergänzende Stellungnahme vorgelegt. Darin hat er die nunmehr vom Nachlassgericht zur Verfügung gestellten Betreuungsakten in seine Begutachtung einbezogen, die zahlreiche Äußerungen zur (geistigen) Verfassung des Erblassers, insbesondere von der damaligen Betreuerin, Der Rechtsanwältin Frau Haberecker (vormals Wagner-Münch), sowie von Herrn Senft von der Betreuungsstelle der Landeshauptstadt München enthalten. Der Sachverständige hat diese Informationen als eine fundiertere Grundlage als bisher bezeichnet. Er hat (auf Seite 14 des Gutachtens, Bl. 301 d. A.) festgestellt, dass die jetzt vorliegenden Informationen dafür zu sprechen scheinen, dass der Erblasser etwa ab Jahresbeginn 1998 durchgängig nicht mehr in der Lage gewesen sei, seinen Willen frei und unbeeinflusst zu bestimmen und die Tragweite einer testamentarischen Verfügung zu erkennen. Dies treffe ggf. auch auf die Zeitpunkte im Jahr 1996 und Frühjahr 1997 zu, könne aber nicht zuverlässig rekonstruiert werden. Der Erblasser sei allerdings wegen einer Demenz im Zeitraum Anfang 95 bis März 96 sowie ab 1998 zumindest zeitweilig, möglicherweise auch durchgängig nicht mehr in der Lage gewesen, seinen Willen frei zu bestimmen. Es erscheine sinnvoll, die damals behandelnde Ärztin Frau Elster zum Verlauf und zur Ausprägung der Symptomatik im Zeitraum der Behandlung zu befragen.
Das Amtsgericht hat sodann aufgrund Beweisbeschlusses vom 17.06.2005 (Bl. 311 d. A.) Beweis erhoben über die Frage der Testierfähigkeit des Erblassers seit 1996 durch Einvernahme der sachverständigen Zeugin Elster (Sitzungsniederschrift Bl. 312
d. A.).
Der bei der Zeugenbefragung anwesende Sachverständige Dr. Hollweg hat sodann mit Gutachten vom 02.03.2006 (Bl. 332/340 d. A.) eine weitere ergänzende Stellungnahme abgegeben. Er hat ausgeführt (auf Seite 4 des Gutachtens, Bl. 335 d. A.), dass aufgrund der Äußerung der Hausärztin Frau Elster nunmehr im Vergleich zu den früheren von ihm erstellten Gutachten jetzt eine wesentlich fundiertere Beurteilung möglich sei. Dies betreffe jedenfalls dne Zeitraum ab 1996. Nach wie vor lasse sich für den Zeitraum vor 1996 kein zuverlässiger Hinweis für eine fortgeschrittene Demenz finden. Allerdings sei bereits ab 1996 durchgängig eine erhebliche dementielle Symptomatik vorhanden gewesen. Diese dürfte einer starken Schwankung unterworfen gewesen sein. Ein Verlauf, bei dem vorübergehend auch zeitweilige Remissionen, d.h. weitgehende Symptomfreiheit auftrat, konnte der Sachverständige aufgrund der Beobachtungen der Zeugin ausschließen. Es bestehe nunmehr kein Zweifel daran, dass bei dem Erblasser spätestens seit 1996 durchgängig ein fortgeschrittenes, mittel- bis hochgradiges depressives Syndrom vorlag. Dies sei auch nicht notwendig von Außenstehenden, vor allem medizinischen Laien, erkennbar gewesen.
Der Erblasser sei nämlich in der Lage gewesen, eine Fassade aufrecht zu erhalten, was bei fortgeschrittenen Demenzen häufig zu beobachten sei. Der Erblasser sei also spätestens seit 1996 durchgängig nicht mehr in der Lage gewesen, seine Entscheidungen von vernünftigen Überlegungen abhängig zu machen und deren Tragweite zu überblicken. Er sei zudem stark beeinflussbar gewesen. Eine durchgängige Sinnesverwirrung im Sinne einer Verwirrtheit nach dem deutschen Begriff sei seiner Einschätzung nach nicht gegeben gewesen. Allerdings habe eine freie Willensbildung sicher nicht mehr vorgelegen.
Das Amtsgericht hat sodann mit Beschluss vom 11.05.2006 (Bl. 348/352 d. A.) im Wege des Vorbescheids angekündigt, dem Antrag der Beteiligten zu 6) auf Erteilung eines auf den inländischen Nachlass beschränkten Erbscheins in Anwendung österreichischen Rechts zu entsprechen, sobald ein förmlicher Erbscheinsantrag vorliegt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, für die Erbfolge sei das Testament vom 25.07.1995 maßgeblich. Da der Sachverständige zu dem Ergebnis komme, dass der Erblasser seit 1996 durchgängig eine erhebliche dementielle Symptomatik in Form eines fortgeschritten mittel- bis hochgradig dementiellen Syndroms aufgewiesen habe und eine freie Willensbildung sicher nicht mehr vorgelegen habe, und da sich das Amtsgericht dieser Stellungnahme anschloss, liege in der Zeit ab 1996 eine Testierfähigkeit im Sinne der §§ 565, 566 ABGB nicht mehr vor. Jedenfalls habe dem Erblasser die Fähigkeit zur freien Willensbildung gefehlt. Diese sei aber unverzichtbare Voraussetzung für eine wirksame letztwillige Verfügung. Nachdem eine Testierunfähigkeit für den Zeitraum vor 1996 nicht sicher festgestellt werden konnte, sei für die Erbfolge das formwirksame handschriftliche Testament vom 25.07.1995 maßgeblich. Nach diesem sei die Beteiligte zu 6) Alleinerbin des Erblassers. Die Beteiligte zu 6) hat zunächst mit Schriftsatz vom 29.05.2006 (Bl. 360/361 d. A.) Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gestellt. Mit Schriftsatz vom 19.06.2006 (Bl. 365 d. A.) hat sie diesen Antrag jedoch zurückgenommen.
Der Beteiligte zu 8 ) hat mit Schriftsatz vom 03.07.2006 (Bl. 366/368 d. A.) Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 11.05.2006 eingelegt. Er hat die Ausführungen des Sachverständigen als widersprüchlich bezeichnet. Der Gutachter bestätige nämlich einerseits, dass der Erblasser zumindest zeitweilig noch das Bewusstsein hatte, eine letztwillige Verfügung zu treffen und dass er den Inhalt kannte. Andererseits behaupte der Sachverständige ohne nähere Begründung, dass eine freie willensbildung sicher nicht mehr vorgelegen habe. Die Zeuginnen Elster und Wagner-Münch, auf deren Angaben der Sachverständige seine Schlussfolgerungen stütze, seien dem Beteiligten zu 8 ) gegenüber feindselig eingestellt gewesen und hätten erhebliche Vorbehalte gegen ihn gehabt. Im Übrigen stehe das Gutachten im Widerspruch zu den Urkunden der Notare Hofmiller vom 29.05.1998 und Kärtner vom 02.10.1997. Diese seien erfahrene Notare mit großer Lebenserfahrung und hätten bestätigt, dass sie keine Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Erblassers hätten. Dagegen habe der Sachverständige den Erblasser nie persönlich gesehen. Im Übrigen beweise auch die völlig klare und bestens leserliche Unterschrift des Erblassers dessen Testierfähigkeit. Auf das Beschwerdeschreiben sowie den Schriftsatz vom 23.08.2006 (Bl. 377/378 d. A.) wird Bezug genommen.
Die Beteiligte zu 6) ist der Beschwerde des Beteiligten zu 8 ) mit Schriftsatz vom 07.08.2006 (Bl. 375/376 d. A.), auf den ebenfalls Bezug genommen wird, entgegengetreten.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 11.07.2006 (Bl. 372 d. A.) der Beschwerde nicht abgeholfen und hat die Akte der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerdekammer hat am 14.02.2007 mündlich verhandelt. In diesem Termin wurden die Zeugin Haberecker sowie der Sachverständige Dr. Hollweg angehört. Auf das Protokoll der Sitzung (Bl. 406/416 d. A.) wird Bezug genommen. Der im Termin nicht anwesende bzw. vertretene Beteiligte zu 8 ) erhielt rechtliches Gehör.
II.
Die gem. §§ 19, 20 Abs. 1, Abs. 2, 21 FGG zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 8 ) gegen den Vorbescheid des Amtsgerichts München vom 11.05.2006 ist unbegründet. Dabei ist der Vorbescheid vom 11.05.2006 ungeachtet der Rücknahme des Erbscheinsantrags durch die darin begünstigte Beteiligte zu 6) auch dahingehend auszulegen, dass inzident der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 8 ) vom 14.03.2003 zurückgewiesen wurde. Denn der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 8 ) und derjenige der Beteiligten zu 6) waren gegensätzlich und konnten nicht zugleich positiv verbeschieden werden. Somit war nunmehr nur noch über die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrages des Beteiligten zu 8 ) zu entscheiden.
- Das Gericht ist für den Verfahrensgegenstand, nämlich die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins, gem. § 2369 BGB international zuständig. Da der Erblasser österreichischer Staatsangehöriger war, war materielles österreichisches Erbrecht anzuwenden. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Beschluss des Landgerichts München I vom 15.12.2004, Ziffer II. 2. a) (Bl. 228/230 d. A.) verwiesen.
- Danach sind für die hier zentrale Frage der Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der jeweiligen Testamentserrichtung die Vorschriften der §§ 565 ff. des österreichischen ABGB maßgebend. Der Maßstab des deutschen Erbrechts zur Testierfähigkeit gilt nicht.Das Amtsgericht hat in seiner Verfügung vom 31.03.2005 (Bl. 286 d. A.) die Voraussetzungen gem. §§ 565, 566 ABGB zutreffend dargestellt. Danach ist Testierunfähigkeit dann anzunehmen, wenn die Beeinträchtigung des Bewusstseins des Erblassers soweit geht, dass die normale Freiheit der Willensbildung aufgehoben ist. Liegt diese Voraussetzung auch nur hinsichtlich einzelner erbrechtlicher Anordnungen vor, so fehlt es insgesamt an der Testierfähigkeit (OGH, Entscheidung vom 27.09.1988, Az. 2 Ob 609/87). Zwar legt die Rechtsprechung für die Testierfähigkeit einen weniger strengen Maßstab an als für die Geschäftsfähigkeit bei Geschäften unter Lebenden. Insbesondere volle Kenntnis der Tragweite der Anordnung sind nicht erforderlich. Die Testierfähigkeit fehlt allerdings, wenn der Erblasser zwar den Willen hat, ein Testament zu errichten und auch in der Lage ist, zu erkenne, dass er dies tut. die normale Freiheit seiner Willensbildung aber dennoch aufgehoben ist. Hierbei schadet nur ein hoher Grad der Willensbeeinträchtigung, der dem Zustand des § 566 ABGB gleichsteht (OGH Entscheidung vom 28.08.1991, Az. 9 Ob 710/91). Nur eine besonders erhebliche Abschwächung der geistigen Fähigkeiten, die eine Sinnesverwirrung herbeiführt, bewirkt die Testierunfähigkeit nach § 566 ABGB (OGH, Entscheidung vom 25.11.1991, Az. 6 Ob 244/99 x).
- Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs war bei dem Erblasser die Freiheit der Willensbildung jedenfalls ab dem Jahr 1996 in einem Maß eingeschränkt, dass die ab diesem Zeitpunkt errichteten Testamente nicht mehr aus freiem Willen im Sinne des § 565 ABGB errichtet wurden. Die Kammer ist in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht insbesondere aufgrund der zweiten ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. Hollweg vom 02.03.2006 sowie aufgrund der Einvernahme der Zeuginnen Elster (durch das Amtsgericht) und Haberecker zu dieser Überzeugung gelangt.
a) Die Zeugin Elster, die ab 1996 die intensivere Betreuung des Erblassers als Hausärztin übernahm, stellte ab diesem Zeitpunkt durchgängig eine starke Beeinflussbarkeit des Erblassers fest. Grund für die Betreuung im Haus des Erblassers ab 1996 war u. a. seine Desorientierung. Zudem war er nicht mehr in der Lage, komplexe Sachverhalte zu beurteilen, er verwahrloste und wurde teilweise verwirrt auf der Straße angetroffen. Diese Symptome nahmen kontinuierlich ab Anfang 1996 zu. Die Zeugin wurde am 29.06.2005 (Bl. 312/313 d. A.) vor dem Amtsgericht in Anwesenheit des Sachverständigen Dr. Hollweg einvernommen.
Die Kammer hat von einer erneuten Einvernahme abgesehen, da keinerlei Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit der Zeugin Elster gegenüber dem Beteiligten zu 8 ) vorliegen. Bei ihrer Aussage hat die Zeugin lediglich von einer Beeinflussbarkeit gesprochen, ohne den Verursacher zu nennen. Auch aus der Akte und insbesondere aus der Betreuungsakte ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass die Zeugin Elster dem Beteiligten zu 8 ) gegenüber „absolut feindselig“ eingestellt wäre. Hinzu kommt, dass die Angaben der Zeugin von denen der Zeugin Haberecker inhaltlich deckungsgleich bestätigt wurden, so dass es auf die Aussage der Zeugin Elster letztlich nicht mehr ankommt.
b) Die Zeugin Haberecker sagte bei ihrer Einvernahme vor der Kammer am 14.02.2007 (Bl. 406/416) aus, der Erblasser sei ihr bereits ab Juni 1997 als beeinflussbar erschienen. Er habe sich in einem Gespräch am 20.10.1997 nicht mehr an die Testamentserrichtung (vom 02.10.1997) erinnern können und diese auch nicht verstanden. Nach Erläuterung durch die Zeugin habe er erklärt, dies wolle er nicht. Auf Diktat der Zeugin habe er ein Widerrufstestament geschrieben. Dieses Widerrufstestament hat die Zeugin zu den Gerichtsakten als Anlage zum Protokoll gegeben. Nach Einschätzung der Zeugin war der Erblasser in einem Maße beeinflussbar, dass sie ihm auch ihre eigene Alleinerbeneinsetzung hätte diktieren können. Der Zustand sei ein fortdauernder gewesen; jedoch habe der Erblasser eine gute Fassade aufrechterhalten können.
Die Zeugin hat auf die Kammer einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Die Behauptung des Beteiligten zu 8 ), sie sei ihm gegenüber feinselig eingestellt, hat sich in der Einvernahme nicht bestätigt, wenngleich die Zeugin offen bekundet hat, die Beeinflussungen durch den Beteiligten zu 8 ) hätten die Betreuungstätigkeit erschwert. Die Zeugin ist heute in keiner Weise mehr mit der Angelegenheit befasst und hat auch kein denkbares Interesse an dem Ausgang des Verfahrens.
c) Der Sachverständige ist nach Kenntnis der Betreuungsakten und aufgrund der Einvernahme der Zeuginnen Elster und Haberecker von einer durchgängigen erheblichen dementiellen Symptomatik ausgegangen. Auch konnte der Sachverständige ausschließen, dass zeitweilige Remissionen, also weitgehende Symptomfreiheit ab 1996 noch auftraten. Vielmehr ging er aufgrund der Zeugenaussagen davon aus, dass keine Schwankungen mehr vorlagen, die auf lichte Momente schließen lassen. Unter Berücksichtigung der von den Zeuginnen bestätigten hohen Beeinflussbarkeit des Erblassers stellte der Sachverständige daher fest, dass dieser ab 1997 sicher durchgängig nicht mehr in der Lage war, seine Entscheidungen von vernünftigen Überlegungen abhängig zu machen und dass die freie Willensbildung ab 1997 durchgängig aufgehoben war.
d) Die anders lautenden Feststellungen der Notare Hofmiller und Kärtner zur Testierfähigkeit sind nicht geeignet, das Ergebnis des Sachverständigenbeweises zu erschüttern. Zum einen hatte der Sachverständige, worauf das Amtsgericht zu Recht in seinem Nichtabhilfebeschluss hinweist, bereits Kenntnis von diesen notariellen Urkunden. Zum anderen hat der Sachverständige zusätzlich ausgeführt, dass der Zustand des Erblassers ab 1996 ohne weiteres insbesondere medizinischen Laien verborgen bleiben konnte. Auf Vorhalt der schriftlichen Erklärung des Notars vom 25.10.2006 hat der Sachverständige ausdrücklich erklärt, dass der Eindruck des Notars nichts über die gut belegte dementielle Symptomatik des Erblassers aussage, sondern lediglich darüber, dass er in der Lage war, eine Fassade aufrecht zu erhalten. Dies bestätigen auch die Zeugenaussagen der Zeuginnen Elster und Haberecker. Der Sachverständige hat dieses Verhalten als ein Phänomen bezeichnet, das selbst bei fortgeschrittenen Demenzen häufig zu beobachten ist und beschrieben wird. Die Kammer hat aus diesem Grund von der Einvernahme der beiden Notare abgesehen.
e) Das Gutachten des Sachverständigen ist auch nicht, wie der Beteiligte zu 8 ) meint, in sich widersprüchlich. So sind nach den §§ 565, 566 ABGB die Voraussetzungen des Ausschlusses der freien Willensbildung und des Fehlens des Bewusstseins, eine letztwillige Verfügung zu treffen, nicht zwingend kumulativ erforderlich. Es trifft zu, dass der Sachverständige dem Erblasser in seinem Gutachten zugesteht, dass er noch das Bewusstsein hatte, eine letztwillige Verfügung zu treffen. Dies schließt aber nicht aus, dass der Erblasser in seiner Willensbildung derart beeinflusst war, dass von einer freien Willensbildung nicht mehr die Rede sein kann. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 8 ) hat der Sachverständige den Ausschluss der freien Willensbildung auch begründet und insbesondere auf die Aussage der Zeuginnen und auf den Inhalt der Betreuungsakte gestützt.
f) Die Kammer schließt sich – ebenso wie das Amtsgericht – der Würdigung des Sachverständigen an. Wie sich aus dem ersten Gutachten des Sachverständigen vom 18.07.2004 und vom 23.05.2005 ergibt, hat der Sachverständige jeweils aufgrund des Kenntnisstandes, den er infolge der vom Amtsgericht vorgelegten Unterlagen hatte, die fortschreitende Testierunfähigkeit des Erblassers zurückhaltend beurteilt und dort, wo es ihm mangels Vorliegen der erforderlichen Unterlagen nicht möglich war, auch keine Mutmaßungen angestellt bzw. diese als solche gekennzeichnet. Dass der Gutachter nunmehr zu einem gegenläufigen Ergebnis kommt als noch in seinem ersten Gutachten, spricht nicht gegen die Richtigkeit seiner Einschätzung. Es bestätigt vielmehr die dem Gericht bereits aus zahlreichen Verfahren bekannte Professionalität des Sachverständigen, dass dieser nach Vorlage neuer Erkenntnisquellen (Betreuungsakte, Zeugenaussagen) von seinem zunächst gefundenen Ergebnis abgerückt ist. An der Unvoreingenommenheit und Sachkunde des Sachverständigen bestehen keine Zweifel.
g) Schließlich beweist entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 8 ) auch nicht die klare und leserliche Unterschrift des Erblassers unter den vorgelegten Notarurkunden, dass dieser noch zum Zeitpunkt der Abfassung testierfähig im Sinne der oben genannten Vorschriften gewesen wäre. Die Unterschrift lässt kaum Rückschlüsse auf die geistige Verfassung des Unterschreibenden zu, da insoweit eine hohe Schreibübung vorliegt. Im Übrigen gab die Unterschrift für den Sachverständigen, dem die Unterschriften bei Gutachtenserstellung in Kopie vorlagen (z. B. Bl. 668 der Betreuungsakte), keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
- Nach den oben (unter Ziffer II. 2.) dargestellten Anforderungen, die das österreichische Recht an die Testierfähigkeit anlegt, war damit jedenfalls ab 1997 von einer Testierunfähigkeit auszugehen, da die Freiheit der Willensbildung des Erblassers in einem Maße aufgehoben war, dass von einer freien Willensbildung nicht mehr die Rede sein kann. Die den Beteiligten zu 8 ) begünstigenden letztwilligen Verfügungen ab dem 02.10.1997 sind daher unwirksam.In Übereinstimmung mit dem Amtsgericht geht auch die Beschwerdekammer daher davon aus, dass maßgeblich für die Erbfolge das formwirksame handschriftliche Testament vom 25.07.1995 (zugunsten der Beteiligten zu 6)) ist. Denn für diesen Zeitraum konnte der Sachverständige keine Testierunfähigkeit feststellen.Die Beschwerde des Beteiligten zu 8 ) war somit unbegründet.
III.
- Eine Entscheidung über die Gerichtskosten war nicht veranlasst. Diese ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz, § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO.Die Anordnung der Erstattung der außergeichtlichen Kosten beruht auf § 13 a Abs. 1 S. 2 FFG. Es erschien angemessen, dem Beteiligten zu 8 ) die Kosten seines unbegründeten Rechtsmittels aufzuerlegen.
- Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf §§ 31 Abs. 1, 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.
Angerger Gößmann Dörmner
Präsidentin Richterin Richterin
des Landgerichts am Landgericht am Landgericht